Durch die rote Tür
Bis auf Frank Stronach sind jetzt alle Parteichefs mit dem Bundespräsidenten durch die rote Tapetentür gegangen. Der Herr Milliardär hat keinen Termin für den Antrittsbesuch in der Hofburg freigehabt. Das ist neu und nicht sehr höflich, aber es hilft beim Einordnen. Denn besser hätte man nicht illustrieren können, wer noch im Spiel ist und wer nicht. Vor der Wahl noch eine fixe Größe im Sandkasten der Strategen, ist das Team Stronach jetzt aus allen Koalitionsplanspielen herausgefallen.
Die Tage der einsamen Entscheidungen von Oberwaltersdorf sollten auch die wenigen Blauäugigen in der Volkspartei überzeugt haben. Mit der Stronach-Partei zu regieren sei ein Ding der Unmöglichkeit, das müsse auch einmal gesagt sein, brachte es der Tiroler Landeshauptmann Günther Platter für seine Parteifreunde in der ÖVP auf den Punkt. Und damit hat das Erpressungspotenzial der Schwarzen gegenüber den Roten nicht einmal mehr die Größe eines Spatzen in der Hand.
Ums Verderben Rot-Blau?
Das haben sogar jene Beobachter eingesehen, die alles für das kleinere Übel halten als eine neuerliche Auflage der rot-schwarzen Koalition. Manche von denen klammern sich jetzt an Rot-Blau und wollen die SPÖ ums Verderben zu dieser Koalition verpflichten, obwohl die nur die dünnste Mehrheit hätte, die es überhaupt gibt. Nämlich 92 von 183 Mandaten.
In dieser Konstellation auf dieser Basis zu regieren, wäre ebenfalls ein Ding der Unmöglichkeit. Das muss in Anlehnung an Platter auch einmal gesagt sein. Dass die SPÖ sich nicht in alle Ewigkeit auf die Beschlusslage „Keine Koalition mit den Freiheitlichen“ ausreden kann, steht auf einem anderen Blatt.
Der Wink mit Pink hinkt
Fünf Tage nach der Nationalratswahl ist völlig klar: SPÖ und ÖVP werden noch einmal zusammen regieren müssen, auch wenn das bei der ÖVP vielen nicht passt. Und das nicht deshalb, weil sich der Bundespräsident klar für die Fortsetzung dieser Koalition ausgesprochen hat. Heinz Fischer könnte eine andere Variante mit parlamentarischer Mehrheit nicht verhindern. Doch es gibt schlicht keine andere Variante. Auch nicht mit den neun NEOS-Mandaten. Denn die pinken Newcomer wollen nicht mit der FPÖ.
Bei Rot und Schwarz würden sie hingegen sofort mitregieren und den Mediator für das alte Ehepaar spielen. Doch da ist ein Denkfehler. Denn die Entscheidungen fallen nicht am Ministerratstisch oder gar im Parlament. Sie fallen im Vorfeld, in den wirklichen Machtzentren der Regierungsparteien. Und dort hat Pink nichts verloren.
Mehrheit ist Mehrheit ist…
NEOS wäre also in jedem Fall nur eine Behübschung einer grau gewordenen Koalition, selbst wenn SPÖ und ÖVP über ihre Schatten sprängen und Macht in Form von Regierungsposten abgäben. Die Mehrheit haben sie immer noch. Und diese Gewissheit wird das Handeln bestimmen. Die Grünen haben das sofort erkannt und trotz großer Lust aufs Regieren die Oppositionsfestlegung getroffen.
Rot und Schwarz müssen allein klüger werden. Das nimmt ihnen niemand ab.
Ein Gedanke zu „Durch die rote Tür“
Sehr gut analysiert. Aber Platters Aussage, wonach mit Stronachs Team kein Staat zu machen ist, kann auch anders interpretiert werden. Nachdem fast alle Stronach-Abgeordnete bewiesen haben, dass sie von Partei zu Partei wechseln wie Biene Maya von Blüte zu Blüte könnten diese frei flotierenden Stronachianer zu VPlern werden. Mit denen wäre dann ein Staat zu machen.