Die Unterirdischen
Es war einmal eine Regierung, die ist unterirdisch zu ihrer Angelobung in der Hofburg geschlichen. Durch den Tunnel unter dem Ballhausplatz. Oben wütende Proteste der Gegner von Schwarz-Blau. Die aktuelle Bundesregierung ist auch mit Protesten empfangen worden, aber ein Polizeiaufgebot und Sperrgitter hielten den Ballhausplatz für die Überquerung frei. Dennoch hat auch diese Koalition etwas Unterirdisches. Wir sprechen vom neuen Stil der politischen Kommunikation.
Unfassbare dreizehn bis neunzehn Milliarden Euro wird das Kärntner Hypo-Debakel die österreichischen Steuerzahler kosten, nachdem der fromme Wunsch, dass sich die Banken an dem Milliardengrab beteiligen würden, sich Anfang der Woche endgültig in Luft aufgelöst hat. Als hätte er tatsächlich nichts mehr zu verlieren, warf sich der Finanzminister und ÖVP-Obmann zum Entsetzen seiner Berater persönlich vor die Kameras, um die Bad News von der Bad Bank zu überbringen.
Kanzler nahm die Hintertür
Der Kanzler und SPÖ-Vorsitzende tat genau das Gegenteil. Beim 1934-Gedenken auf dem Zentralfriedhof wehrte er Journalistenfragen zur Hypo mit dem Hinweis ab, man könne doch bitte auf dem Friedhof nicht über dieses Thema reden! In den Ministerrats-Sitzungssaal hat sich Werner Faymann dann durch die Hintertür hineinbegeben, und durch diese hat er den Raum auch wieder verlassen. Nicht unterirdisch, aber unsichtbar für die Journalisten.
Pressefoyer endgültig eine Farce
Die Journalisten wurden am Tag der wahrscheinlich wichtigsten finanzpolitischen Weichenstellung der Zweiten Republik mit dem Auftritt von zwei Ministerinnen abgespeist, die außer bekannten Entscheidungen in Sachen Familienförderung und Überschriften aus dem Regierungsprogramm nichts zu bieten hatten. Kritische Journalistenfragen dazu und zum Umstand, warum sich Kanzler und Vizekanzler an einem Tag wie diesem nicht im Pressefoyer zeigen, sorgten für helle Aufregung und hektische Telefonate in den Büros am Ballhausplatz und in den Parteizentralen.
Spindelegger allein im Hypo-Alptraum
Man muss erwähnen, dass sich Finanzminister und ÖVP-Obmann Michael Spindelegger auch am Ministerratstag nicht vor den Medien versteckt hat. Er hat das getan, was der Kanzler von ihm erwartet hat: für die Hypo-Entwicklung den Kopf hingehalten (wenn auch nicht sehr lange). Wir halten fest: Bei der ersten Gelegenheit – und noch dazu einer besonders ernsten – ist es schon wieder vorbei mit dem neuen Regieren. Die ÖVP tut der SPÖ den Gefallen und macht beim gemeinsamen Gedenken an die Februarkämpfe mit, rüttelt in der Folge sogar ein wenig am Säulenheiligen Engelbert Dollfuß – und der Kanzler lässt den Vizekanzler zum Dank dafür im Hypo-Alptraum allein.
Schwache Task-Force als Ausrede
Die steuerzahlende Öffentlichkeit wird sowieso an der Nase herumgeführt. Denn wenn überhaupt jemand Fragen zur Hypo beantwortet, dann kommt reflexartig: die Task-Force habe dies und das empfohlen, die Task-Force mache das schon. Tut sie nicht, wie sich gezeigt hat: Die Statistik Austria hat schon im November von dem Bankenbeteiligungsmodell abgeraten, das jetzt gescheitert ist. Und hat dann monatelang nichts mehr von der Task-Force um Ex-Notenbanker Klaus Liebscher gehört. Kein Ruhmesblatt für Liebscher, und schon gar keines für die Regierungsspitze.
Die schiebt ja gern Verantwortung ab. Hier ist es die Task-Force, in anderen zentralen Reformbereichen sind es Arbeitsgruppen und Kommissionen. Wenn unangenehme Fragen drohen, müssen Minister und Ministerinnen ran, die diese garantiert nicht beantworten können. Die Chefs bleiben in Deckung. Wir werden unterirdisch regiert.