Des Schläfers Welt
Die FPÖ hat eine Aktuelle Stunde mit denkwürdigem Titel beantragt: Sicherheit statt Islamisierung und Asylchaos! So steht es auf der Tagesordnung des Nationalrats, und deshalb sollte man nicht einfach zur Tagesordnung übergehen. Hier werden aus Kalkül zwei Bereiche vermischt, die nichts miteinander zu tun haben: die Frage, wie Österreich mit Flüchtlingen etwa aus der syrischen Kriegsregion umgeht, und das Problem von radikalen muslimischen Gruppen bis hin zu Jihadisten, die von Österreich aus in Aufmarschgebiete islamistischer Terroristen aufbrechen. Wenn man einen Blick in Heinz Christian Straches gar nicht so kleine Facebook-Welt wirft, ist das Kalkül nur folgerichtig.
Die landläufige These ist ja, dass die FPÖ in Zeiten wie diesen nichts falsch machen kann. Ohne einen Finger zu rühren, klettert die Strache-Partei in den Umfragen nach oben und mit ihr die Popularitätswerte des Parteiobmanns. Als es zum Beispiel in Wien-Ottakring nach dem nationalistischen Eklat beim Fußballspiel Serbien gegen Albanien Zusammenstöße von Serben und Albanern gegeben hatte, kamen sogar Liebesgrüße von Kronenzeitungs-Postler Michael Jeannée, die Strache mit seiner Facebook-Gemeinde teilte. Den Seinen gibt’s der Herr im Schlaf, ist die Message.
Auf Facebook ist Herr Strache hellwach
Auf Facebook schläft der FPÖ-Chef ja keineswegs. Mehr als 220.000 Freunde hat er dort mittlerweile schon gesammelt, und denen vermittelt Strache ein ziemlich einfaches Bild von der Welt: ein bisschen Fußball, ein bisschen Mehr Netto vom Brutto nach Gewerkschaftsart, zuletzt auch relativ viel Bundesheer – so hat sich Strache neuerdings zum Schutzpatron des Militärgymnasiums in Wiener Neustadt aufgeschwungen, das von den Kürzungsplänen des Verteidigungsministers betroffen ist. Jedem seine Militärmusik. Und einer der Kommentare unter dem jüngsten Posting Straches von einer Kundgebung vor dem Parlament gegen die Schließung lautet: Das wird sicher wieder ein Asylantenheim.
Ein schlichter Code, der Ressentiments abruft
Das Thema Nummer eins in der Facebook-Welt des freiheitlichen Parteichefs bahnt sich auch dort seinen Weg, wo es eigentlich um etwas anderes geht. Aber der Sound dieser Seite ist eben ein ganz eindeutiger. Wenn Strache einen Aufkleber mit der Botschaft Ja zum Minarett-Verbot postet, dann drücken gleich einmal mehr als 13.000 Menschen auf den Like-Button und 3300 fühlen sich von diesem eher schlichten Beitrag ihres Lieblingspolitikers zu einem Kommentar ermutigt. Es ist ein schlichter Code, der Vorurteile und Ressentiments abruft. Kein Wunder, wenn die FPÖ eigene Leute beschäftigen muss, um die Facebook-Seite auf Hass-Postings zu durchforsten. Den Grat, auf dem da gewandert wird, den macht Strache selber sehr schmal.
Alles verloren & dann noch gratis W-LAN
Ein besonders krasses Beispiel dafür ergab sich aus der Meldung, dass der Mobilfunkbetreiber Drei Gratis-Internet für ein Asylwerber-Quartier in Wien zur Verfügung gestellt hat. Viele Bürger seien darob sprachlos, postet Strache und verweist auf österreichische Obdachlose und Mindestrentner, denen eine solche Sponsoraktion versagt sei. Als ob die FPÖ einem Unternehmen vorschreiben könnte, wen und was es sponsert. Am selben Tag stellt Strache dann auch einen Zeitungsartikel auf seine Facebook-Seite, in dem von einem regelrechten Aufstand von Flüchtlingen die Rede ist. Untergebracht in einem Turnsaal der Polizei in Villach, hätten sich die Asylwerber über zu wenige Steckdosen für ihre Handys und das fehlende W-LAN beschwert. Dazu brauchte es von Strache nicht mehr als den Satz: Dankbarkeit sieht anders aus! – und 7000 Gefällt-mir-Angaben und 2700 Kommentare folgten.
Beispiele und Entrüstung sonder Zahl. Dazwischen, lose eingestreut, patriotische Sprüche wie dieser. Der wird auch fast 14.000 Mal geliked:
Oder dieser, mit Kärntner Wappen am 11. Oktober, dem Todestag Jörg Haiders:
Und auch eine direkte Hommage an Haider, sechs Jahre nach dessen tödlichen Autounfall, darf an diesem Tag nicht fehlen. Genau 21.263 Personen gefällt das.
Freundschaftsbesuch im Teufelsstaat
Wenn er Volk und Heimat einmal verlässt, dann fährt Heinz Christian Strache zum Beispiel nach Bosnien in die Republika Srpska und trifft dort den Präsidenten Milorad Dodik. Ein Mann, der die Abspaltung des serbischen Landesteils betreibt und Bosnien-Herzegowina als Teufelsstaat bezeichnet hat. Zuletzt ist Dodik aufgefallen, weil er ein Studentenheim in Pale nach Radovan Karadzic benennen wollte. Der frühere bosnische Serbenführer ist wegen Völkermords angeklagt, er soll für das Massaker von Srebrenica verantwortlich sein – das Dodik auch zu relativieren versucht hat. Strache hatte bei dem Besuch übrigens seinen Stellvertreter Johann Gudenus dabei, der übt sich auch manchmal im Relativieren.
Gudenus hat eine Bandion-Ortner gebaut
Der Russisch sprechende Gudenus rühmt sich ja seiner Kontakte zu Wladimir Putin, im September hat er in Moskau öffentlich gegen die EU, die NATO und eine angebliche europäische Homosexuellenlobby gewettert. Gudenus hat auch schon Autokraten wie den tschetschenischen Präsidenten Ramsan Kadyrow besucht und ist in einem Kurier-Interview darauf angesprochen worden. Warum er dort hingefahren sei, obwohl Kadyrow Menschen verfolge und verschwinden lasse? Gudenus dazu: Er habe den Tschetschenenführer darauf angesprochen, dass bis zu 40.000 seiner Landsleute in Österreich Asyl suchten – und Kadyrow habe gesagt: Ja, ich verfolge schon Menschen, aber nicht 40.000. Vielleicht einige Tausend. Also habe ein Großteil der Tschetschenen in Österreich keinen Asylgrund, schlussfolgerte Gudenus daraus.
Frei nach Claudia Bandion-Ortner: Es wird eh nicht jeden Freitag geköpft.