Eine Heta-morphose
Politisch hat Hans Jörg Schelling in Sachen Hypo-Abwicklung die Kurve gekriegt. In der Sache kann man dem Finanzminister und uns Steuerzahlern nur mit Josef Urschitz die Daumen drücken und hoffen, dass das alles so aufgeht, wie sich Schelling das vorstellt. Kein frisches Steuergeld für die Heta, wie die Ugly Bank der Hypo Alpe Adria so schön griechisch heißt. Kein Geradestehen des Bundes für die Kärntner Landeshaftungen aus Haider-Zeiten, mitgetragen von Rot, Schwarz und Grün – die heute in trauter Dreisamkeit an den Gestaden des Wörthersees regieren. Für die Koalition in Kärnten ist die Entscheidung Schellings ein Segen, der noch zum Fluch werden könnte.
Denn durch die Abwicklung der Heta Asset Resolution AG – das ist die Bad Bank zur Kärntner Hypo, offiziell Abbaugesellschaft genannt – nach dem Banken-Sanierungs- und Abwicklungsgesetz und den von der Finanzmarktaufsicht verfügten Stopp für Schuldenrückzahlungen haben alle Zeit gewonnen.
Im Zweifel blecht der Steuerzahler
Vor allem das Land Kärnten, das immer noch Landeshaftungen über 10 Milliarden Euro am Hals hat, die durch eine klassische Insolvenz sofort schlagend geworden wären. Mit unabsehbaren Folgen, schließlich ist noch nie ein Bundesland pleite gegangen – und vom Bundespräsidenten abwärts wollte keiner der politisch Verantwortlichen wissen, was dann wirklich passiert. Deshalb hat sich die Regierung an der Insolvenzfrage vorbeigeschwindelt. Im Zweifel zahlte bisher eh immer der Steuerzahler, der sich nur unzureichend wehren kann.
Eine Insolvenz ist eine Insolvenz
Aber dann kam die vielgeschmähte EU und hat uns eine Richtlinie für die Abwicklung von konkursreifen Banken beschert. Die ist im Juli 2014 in Kraft getreten – und schneller ist wahrscheinlich keine EU-Richtlinie in österreichisches Recht umgesetzt worden. Eben mit dem Abwicklungsgesetz, das seit 1. Jänner 2015 in Kraft ist und jetzt so wertvolle Dienste leistet. Es ermöglicht eine geordnete Insolvenz der Hypo, die aber nicht so heißen darf und auch nicht so heiß gegessen werden muss wie eine normale Insolvenz. Vor allem werden die verflixten Landeshaftungen nicht sofort schlagend, und man kann die Gläubiger – darunter befinden sich auch Banken anderer Bundesländer sowie von Raiffeisen im Hypo-Haftungsverbund – dennoch zur Kasse bitten. Von einem Schuldenschnitt bis zu 50 Prozent ist die Rede.
Die Paragraphen-Operette
Es wäre nicht Österreich, wenn das Ganze nicht auch operettenhafte Züge hätte. Denn die EU-Richtlinie ist eindeutig nur auf Banken oder etwa eine Finanzholding mit einer Bankentochter anzuwenden, aber nicht auf Abbaugesellschaften wie die Heta. Doch im Banken-Abwicklungsgesetz findet sich ganz am Schluss, gleich nach den Übergangsbestimmungen, der Paragraph 162 – und in Absatz 6 ist festgehalten, dass das Abwicklungsgesetz auch für die Abbaugesellschaft nach dem Gesetz zur Schaffung einer Abbaueinheit gilt – und damit ist die Heta gemeint, die im Abwicklungsgesetz also gesonderte Erwähnung findet. Juristen sehen das kritisch, weil die Regelung unzulässig über die EU-Richtlinie hinausgehe. Eine Lex Hypo/Heta also?
Eine Lex Hypo & Heta?
Auffällig ist jedenfalls, dass der Paragraph 162 Absatz 6 im Ministerialentwurf für das Banken-Sanierungs- und Abwicklungsgesetz gar nicht enthalten war, der ist erst im Zuge der Begutachtung und der Abstimmung zwischen den Koalitionsparteien in die Regierungsvorlage hineingekommen und so im Parlament beschlossen worden. Im Büro des Finanzministers wird das bestätigt, aber als ganz normaler Vorgang im Gesetzwerdungsprozess dargestellt. Entscheidend sei der Zeitpunkt für das Inkrafttreten der EU-Richtlinie Anfang Juli 2014, damals sei die Hypo noch nicht die Heta gewesen und daher immer noch eine Bank. Die Bankkonzession hat die Hypo tatsächlich erst am 30. Oktober 2014 zurückgegeben. Die nachträgliche Erwähnung der Heta im Abwicklungsgesetz war laut Ministerium nur eine Fleißaufgabe.
Brauchen keinen Konkursrichter
Wie dem auch sei. Die geordnete Insolvenz kommt der Regierung (und zugegeben auch den Steuerzahlern) gerade recht. Die Heta dem Konkursrichter zu übergeben, wäre in der Koalition nicht durchsetzbar gewesen, weil offenbar die Bundes-SPÖ dem Kärntner Landeshauptmann im Wort ist. Und hätte der Finanzminister der Heta noch einmal frisches Steuergeld nachgeworfen – und das ausgerechnet jetzt, wo das Budget kracht und gleichzeitig eine Steuerreform finanziert werden soll, dann wäre das politischer Selbstmord gewesen. Hans Jörg Schelling ist da nicht hineingetappt. Wenn er getrickst hat, dann hat er gut getrickst und zumindest einmal Zeit gewonnen. Nebenbei hat er auch zukunftsweisende Klarstellungen getroffen wie jene, dass der Bund sich auch de facto nicht für Landeshaftungen zuständig fühlt. Was seine Steuergeld-Garantie betrifft, wird man ihn beim Wort nehmen.
Lost in Drama & Desaster
Argumentieren tut Schelling in Sachen Hypo ja fast schon wie ein Oppositioneller, und zumindest von Grünen und Neos hat er sogar Applaus bekommen. Jetzt muss er nur noch eine Steuerreform hinkriegen, die diesen Namen wirklich verdient. Dann findet Schelling den Macher-Nimbus vielleicht wieder, der irgendwo zwischen Hypo-Desaster, Griechenland-Drama und Steuerreform-Murks verloren gegangen ist.