High Noon für Arme
Was haben wir diesem März entgegen gezittert, der den Schicksalstag für die rot-schwarze Koalition bereithalten würde. Sein oder Nichtsein. Die Steuerreform als Existenzfrage für eine Bundesregierung. High Noon mit dem furchterregenden Django und dem unerschrockenen Fay-Mann. Live and let die. Aber es ist ganz anders gekommen. Sie lassen sich leben, geben den Steuerzahlern gerade einmal die kalte Progression zurück, finanzieren das durch Steuererhöhungen und ansonsten ziemlich luftig. Fertig ist die größte Steuerreform aller Zeiten.
Warum denn immer so negativ. Millionen Österreicher werden durch diese Reform steuerlich entlastet. Ein Durchschnittsverdiener hat einen Tausender pro Jahr mehr, Kleinverdienern wird die Negativsteuer – also die Gutschrift auf geleistete Beiträge zur Sozialversicherung – verdreifacht. Auch Pensionisten mit einer kleinen Rente kriegen erstmals einen Rabatt auf ihre Sozialversicherungsbeiträge. Das hilft, auch wenn es erst 2016 in Kraft treten wird. Es stärkt die Kaufkraft und hilft so auch der Wirtschaft. 850 Millionen Euro soll der dadurch angekurbelte Konsum dem Fiskus bringen – das nennt sich Selbstfinanzierungsanteil, und die Summe ist geschätzt.
Vier von fünf Milliarden geschätzt
Genauso geschätzt wie die 1,9 Milliarden Euro, die über den verstärkten Kampf gegen Steuerbetrug hereinkommen sollen – durch die Registrierkassenpflicht ebenso wie durch die Aufhebung des Bankgeheimnisses auf Unternehmenskonten. Geschätzt ist auch die eine Milliarde Euro, die durch Einsparungen in den Verwaltungen auf allen Ebenen lukriert werden soll. Über gedeckelte Ausgabensteigerungen sollen Reformen erzwungen werden.
Banale Steuererhöhungen für alle
Die einzig konkreten Maßnahmen zur Finanzierung der Steuerreform sind die Steuererhöhungen – nichts anderes ist auch die Streichung von Ausnahmen bei der Einkommensteuer und der Mehrwertsteuer im Ausmaß von satten 900 Millionen Euro. Je zur Hälfte sollen das Arbeitgeber und Arbeitnehmer schlucken müssen – den einen wird die Abschreibmöglichkeit für die Abnützung von Gebäuden beschnitten, den anderen werden die Topf-Sonderausgaben als Absetzposten weggenommen. Zwei große Brocken, macht jeweils rund 400 Millionen Euro. Die fehlenden 100 Millionen kommen aus einer Erhöhung der Mehrwertsteuer.
Am Ende Erbschaftssteuer light
Und dann natürlich der so heiß umstrittene Beitrag der Vermögenden, der sich auf 365 Millionen Euro summiert. Ein neuer Spitzensteuersatz für die wenigen Topverdiener mit mehr als einer Million Jahreseinkommen, eine Erhöhung der Spekulationssteuer auf Immobilien sowie der Ertragssteuer auf Dividenden und Wertpapiere – sowie eine Erbschaftssteuer light in Form einer höheren Grunderwerbssteuer ab einem Wert von 300.000 Euro, wobei künftig der Verkehrswert maßgeblich sein soll. Gemessen an den zwei Milliarden Euro, die die SPÖ als Beitrag der Vermögenden in ihrem Modell vorgesehen hatte, sind die knapp 400 Millionen aus Reichensteuern natürlich nicht sehr viel. Aber es wäre dennoch nicht fair, von einem Umfaller der SPÖ zu reden.
Treffer mit dem Rücken zur Wand
Die Kanzlerpartei ist mit dem Rücken zur Wand gestanden, hat relativ früh erkennen müssen, dass aus Vermögen- und Erbschaftssteuer mit der ÖVP nichts werden wird – und hat dann doch noch einiges durchsetzen können: Fast das gesamte Volumen von fünf Milliarden Euro wird für die Senkung des Lohnsteuertarifs verwendet, die Reform tritt zwar erst 2016 in Kraft, aber nicht in Etappen – wie es der Finanzminister wollte. Zu den vermögensbezogenen Steuer-Erhöhungen kommt die Registrierkassenpflicht, gegen die sich der ÖVP-Wirtschaftsflügel verbissen gewehrt hat – und weitere Belastungen für die Unternehmen bei der Streichung von Ausnahmen.
Django hat noch Patronen übrig
Kein Wunder, dass der ÖGB-Präsident noch vor dem Abschluss der Verhandlungen seinen Sanktus zum Ergebnis gegeben hat. Damit ist Werner Faymann, der auch die SPÖ-Landesparteichefs auf seiner Seite weiß, aus dem Schneider. Und Reinhold Mitterlehner kann das nur recht sein. Er hat die steuerlichen Tabus der Volkspartei bewahrt, mit dem Zorn des Wirtschaftsbundes wird er umgehen müssen und können. Vor allem aber kann Mitterlehner sich weiter an der Seite des Kanzlers profilieren, der jetzt einmal eine Atempause bekommen hat, aber alles andere als fest im Sattel sitzt. Django hat immer noch ein paar Patronen im Gurt.