Sie arbeiten daran
Asyl auf Zeit. Jetzt ist der oberösterreichische Landtagswahlkampf sehr konkret in der Bundespolitik angekommen. Was ÖVP-Spitzenkandidat Josef Pühringer von jeder Wahlkampfbühne herunter gefordert hat, will die ÖVP-Innenministerin jetzt umsetzen. Nach dem Durchwinken kommt also das Zwischenparken von Flüchtlingen mit einem befristeten Asylstatus – und dann ab mit ihnen in die Heimat, jedenfalls außer Landes. Das ist die eigentliche Botschaft: Die sind nicht gekommen, um zu bleiben. Die gehen wieder. Eine Flucht vor der Realität.
Szenen aus dem Wahlkampf in Oberösterreich. Der ÖVP-Landeshauptmann geht mit dem Slogan einer Asylpolitik mit Anstand und Hausverstand hausieren. Der Anstand meint, dass wir die Flüchtlinge hereinlassen und keinen Zaun bauen, sie im besten Fall an die Deutschen weiterreichen. Der Hausverstand meint, dass wir die, die bei uns Asyl sagen, auch nicht für immer behalten wollen. Die müssen dann wieder zurück in ihre Heimat, sagt der Landeshauptmann und bekommt Applaus beim Publikum. Es ist ein verhaltener Funktionärsapplaus. Als gestandener ÖVP-ler darf man zur Zeit nicht gegen Flüchtlinge sein, auch wenn man vielleicht dagegen sein möchte. Mit Anstand.
Der Hausverstand der Anständigen
Und diesen anständigen ÖVP-lern will die Innenministerin, die im Gegensatz zu den Landespolitikern für das Asylwesen zuständig ist, eine Perspektive eröffnen. Asyl auf Zeit. Wir arbeiten daran. Und Kanzlerminister Josef Ostermayer von der SPÖ denkt schon darüber nach, wie er Brücken bauen kann. Damit nicht der nächste Streit in der Koalition ausbricht. Ein Review nach drei Jahren sei legitim, sagt Ostermayer. Man wird sehen, ob das der ÖVP reicht. Dort ist jetzt Scharfmachen angesagt. Beim Außen- und Integrationsminister Sebastian Kurz sowieso, aber auch ÖVP-Parteiobmann Reinhold Mitterlehner findet inzwischen deutliche Worte zur Willkommenskultur.
Freiwillige vor, Flüchtlinge zurück
Ein Termin des Landeshauptmanns mit Lokalzeitungen. Es geht natürlich um die Flüchtlinge, einige hundert waren vorübergehend in Notunterkünften der Gemeinde untergebracht. Mittlerweile sind sie dort wieder weg. Der Landeshauptmann lobt die Einsatzkräfte von Polizei, Rotem Kreuz und Feuerwehr – und die Freiwilligen, ohne die nichts gehen würde. Das Lob der Freiwilligenarbeit, das ist das Terrain der ÖVP. Die Flüchtlinge weniger. Im Lokalradio beschwert sich der Landeshauptmann über den Bund, es geht wieder einmal um Quartiere und Kritik an den Ländern in diesem Zusammenhang. Dabei gebe es Unterkünfte, aber der Bund weise nicht zu. Worüber ich an sich nicht unfroh bin, sagt der Landeshauptmann. Mit Hausverstand.
Der Landesrat im Container-Dorf
Der Hausverstand sagt uns, dass viele von den Menschen bleiben werden, die jetzt um Asyl ansuchen. Wie etwa die Syrer in jener Container-Unterkunft einer Gemeinde nahe Linz, die der Grüne Landesrat und Noch-Koalitionspartner des Landeshauptmanns im Wahlkampf besucht. Eine Gemeinde mit grüner Bürgermeisterin, außerordentliches Engagement der Zivilgesellschaft, viel guter Willen – und dennoch Probleme über Probleme. Dabei steht die nass-kalte Jahreszeit erst bevor und wird die Probleme verschärfen. Die Unterkünfte mögen zwar winterfest sein, aber menschenwürdig – für die Flüchtlinge selbst und für die Anrainer – ist das dort nach unseren Maßstäben alles nicht. Entsprechend verloren wirkt der Landesrat beim Lokalaugenschein.
Sozialminister macht Rückzieher
Man möchte diesen Menschen in den Containern auf der Stelle Sprachunterricht geben, damit sie sich mit den Menschen aus dem Ort verständigen können. Die meisten können nicht einmal ausreichend Englisch. Man möchte ihnen auf der Stelle etwas zu tun geben. Unvorstellbar, wie man sprachlich isoliert und zur Untätigkeit verdammt Monate, ja Jahre verbringen soll. Das hat weder etwas mit Hausverstand und schon gar nichts mit Anstand zu tun. Hier rasch gegenzusteuern, wäre das richtige Signal. Sozialminister Rudolf Hundstorfer von der SPÖ hat das im Journal zu Gast auf Ö1 anklingen lassen, was frühzeitige Sprachkurse betrifft – bei möglichen Jobs für Asylwerber hat er hingegen einen hörenswerten Rückzieher gemacht.
Falsches Signal zur falschen Zeit
Asyl auf Zeit ist jedenfalls das falsche Signal. Denn es verstärkt den Eindruck, dass man sich um diese Menschen nicht übermäßig kümmern muss, weil sie ohnehin bald wieder gehen. Und es ist auch ein untaugliches Signal für den Wahlkampf. Erstens kommt es zu knapp vor dem Wahltag, und zweitens sitzt man mit halbherzigen und unbestimmten Ansagen wie diesen recht bald zwischen allen Stühlen.
Ein Gedanke zu „Sie arbeiten daran“
Gescheit analysiert, sprachlich toll, Aussicht Null. Solche Artikel bringen Niemanden auch nur einen halben Schritt weiter und dienen nur der narzisstischen Selbstinszenierung. Geht allerdings konform mit der derzeitigen Politik und ist um nichts wertvoller.