Paintball oder was
Der Österreichische Pennälerring hat die Burschenschaft Germania zu Wiener Neustadt, deren Vizevorsitzender der FPÖ-Politiker Udo Landbauer war, jetzt per Vorstandsbeschluss ausgeschlossen. Als Konsequenz aus der Nazi-Liederbuch-Affäre, die nach Ansicht von seriösen Meinungsforschern keinen nachweisbaren Einfluss auf die Landtagswahl in Niederösterreich gehabt hat. In der Tat hat die FPÖ ihre Mandate verdoppelt, in den Himmel gewachsen sind ihre Bäume aber nicht. Der ÖPR hat auch seine Satzung aktualisiert. Als Verband stellt sich der ÖPR gegen jede Form des Antisemitismus und Rassismus. Ein Schlüsselsatz. Jetzt ist FPÖ-Chef Heinz Christian Strache am Zug, und sein Koalitionspartner Bundeskanzler Sebastian Kurz von der ÖVP sollte ihm dabei helfen.
Vizekanzler Strache hat ja in der hitzigen Diskussion über das Nazi-Liedgut der mittlerweile geächteten Burschenschaft eine Historikerkommission ins Spiel gebracht, die die Burschenschafterszene unter die Lupe nehmen soll. Denn niemand in dieser Bundesregierung – weder auf FPÖ-Seite und schon gar nicht auf ÖVP-Seite – würde derzeit die Hand dafür ins Feuer legen, dass nicht bald wieder ein Fall mit NS-Bezug auftauchen könnte. Das sagt einerseits viel aus. Andererseits sollte man Straches Bereitschaft, hier reinen Tisch zu machen, respektieren. Der FPÖ-Obmann ist mit seiner Partei in die Regierung eingetreten, um das Land in seinem Sinn positiv zu verändern. Dieses Bemühen hat ihm 2016 sogar der damalige Kanzler Christian Kern bescheinigt. Und Strache will sich das nicht zunichte machen lassen.
Haimbuchner gibt Strache Rückendeckung
In Manfred Haimbuchner, dem Landesparteichef der FPÖ Oberösterreich, hat Strache da einen Mitstreiter. In mehreren Interviews hat der Vize-Landeshauptmann sehr klar gegen den Narrensaum in der FPÖ Stellung bezogen und Psychohygiene für das Dritte Lager gefordert. In dieser Deutlichkeit hat man das noch nie gehört. Haimbuchner, selber Corpsstudent, also eine Art Burschenschafter, sagt: Das Allerwichtigste ist, dass all jene, die sich nicht zu einem freien, demokratischen Österreich bekennen, die ein Problem mit dem Antisemitismus haben, auch aus der Partei auszuscheiden haben, oder auch aus bestimmten Verbänden oder Korporationen. Und Haimbuchner, der in der FPÖ sehr viel Gewicht hat, will auch eine Historikerkommission.
Vorauseilende Zweifel an Historikerkommission
Im selben Atemzug weist der FPÖ-Landeschef auf die Problematik einer solchen Kommission hin: Ich kenne jetzt schon die Personen, die sich jedenfalls über das Ergebnis der Historikerkommission beschweren werden, wenn ich an die sogenannte Waldheim-Affäre denke, als es die große Kritik an den internationalen Historikern gegeben hat. Damit spricht Haimbuchner die Linken an, denen man es als FPÖ nie recht machen könne. Und damit liegt er falsch. Denn damals waren mit dem Historiker-Bericht nur Kurt Waldheim und jene, die ihn verteidigten, nicht einverstanden. Es kommt halt immer auf das Ergebnis an. Und wie die Dinge angegangen werden.
Polemik um rote Konsequenzen
Wie man am Beispiel der konstruierten SPÖ-Tangenten zum Fall Landbauer in Niederösterreich erkennen kann. Da wurde vor der Wahl ein SPÖ-Lokalpolitiker mit Nazi-Devotionalien und Waffen im Keller unter Verdacht des Kindesmissbrauchs verhaftet. FPÖ und Teile der ÖVP haben gleich eine Verschwörungstheorie gewittert, weil der Fall erst nach der Wahl bekannt geworden ist. Der Mann wurde von der SPÖ Niederösterreich sofort aus der Partei ausgeschlossen, ebenso wie der SPÖ-Funktionär in Wiener Neustadt, der die Illustrationen zum Nazi-Liederbuch der Germania gemacht haben soll: ein Hobbymaler mit verwandtschaftlicher Nähe zu einem führenden Mitglied der Burschenschaft. Konsequenzen gezogen, dennoch Polemik.
Eiertanz um schwarz-blaue Konsequenzen
Es ist ein schwieriges Terrain, deshalb braucht es umso mehr Glaubwürdigkeit, wenn eine Historikerkommission zu den Burschenschaften ernstgenommen werden soll. Die FPÖ ist gut beraten, hier renommierte Wissenschafter zu nominieren. Und Sebastian Kurz sollte im Sinne des weiteren Gedeihens der Regierungsarbeit nicht zuschauen, sondern sich aktiv einbringen. Es ist auch seine Verantwortung als Kanzler, dass die Aufarbeitung in diesem Bereich nicht zu einer Alibiaktion gerät. Das nicht nur deshalb, weil ihm das Erwin Pröll vom Spielfeldrand aus zugerufen hat. Da kann sich der Bundeskanzler genauso wenig wie der Vizekanzler aus der Verantwortung stehlen, so Pröll. Die Neigung zum Davonstehlen besteht: Man muss sich nur den Eiertanz um den künftigen Platz von Udo Landbauer in Niederösterreichs Landespolitik ansehen.
Persilschein für Landbauer vom Mikl-Vertrauten
Nach der Absage von ÖVP-Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner an eine Zusammenarbeit mit Landbauer wird für die FPÖ wohl der bisherige Klubobmann Gottfried Waldhäusl in die Landesregierung einziehen, Udo Landbauer könnte ihn als Klubchef im Landtag beerben. Schon das wäre ein bisschen eine Farce. Vollends wird es eine, wenn man nach Wiener Neustadt blickt. Dort sitzt Landbauer in einer ÖVP-geführen Stadtregierung, Bürgermeister Klaus Schneeberger sieht keinen Grund für den Rücktritt des FPÖ-Stadtrats. Er arbeite seit drei Jahren mit Landbauer zusammen. Es sei in dieser Zeit nicht einmal ansatzweise nationalsozialistisches Gedankengut spürbar gewesen, sagt Schneeberger, der nebenbei ÖVP-Klubobmann im Landtag und Vertrauter der Landeschefin Mikl-Leitner ist, die Landbauer ablehnt.
2017 erhielt Heinz-Christian Strache am ÖPR-Burschentag ein Ehrenband. 2016 tagte der ÖPR-Burschentag in Linz. Es sprachen Vize-LH Haimbuchner und ein Linzer #Burschenschafter – hier Auszüge aus der Rede des letzteren. pic.twitter.com/RhdRyZEE41
— FIPU (@fipu_at) January 30, 2018
Noch Hausaufgaben für die FPÖ-Granden
Wie viel Taktik dahintersteckt und wie viel ehrlicher Wille, das müssen aber auch die FPÖ-Spitzenpolitiker selber zeigen. Manfred Haimbuchner muss erklären, warum die FPÖ von heute immer noch ihren Gründungsparteiobmann Anton Reinthaller ehren muss, der SS-Mann gewesen ist – und warum er zum Beispiel neben einem Redner aufgetreten ist, der über die als rechtsextrem eingestufte Identitäre Bewegung sagt: Jugendbewegungen wie die Identitären haben erkannt, wie die Zukunft aussähe, wenn sie nichts täten. Die FPÖ sollte auch ihr Verhältnis zu Zeitschriften wie der Aula klären, die immer wieder durch antisemitische Inhalte aufgefallen ist. Erinnerungen an den Umgang mit den Jugendsünden von Heinz-Christian Strache werden wach. Strache sagt, es war nur Paintball – und das kann man ihm glauben oder auch nicht.
Update 01.02.2018: Udo Landbauer hat auf Druck der FPÖ-Spitze und auf Drängen des Koalitionspartners ÖVP alle politischen Funktionen zurückgelegt und auch seine FPÖ-Mitgliedschaft ruhend gestellt. Ein Comeback Landbauers ist aber möglich.