Posten Control
Die Nationalbank bekommt also eine schön schwarz-blau eingefärbte neue Führung. Der Vorschlag des Generalrats, den ÖVP-Mann Harald Mahrer als dessen Präsident im Vorfeld fein abgestimmt hat, geht an die Bundesregierung, der Bundespräsident wird wohl abnicken. Die FPÖ hat damit den Ex-Weltbank-Direktor Robert Holzmann zum Gouverneur und Nachfolger von SPÖ-Mann Ewald Nowotny gemacht, der FPÖ-ler Eduard Schock wird Direktor. Die beiden können Entscheidungen jederzeit gegen Gottfried Haber und Thomas Steiner, beide auf einem ÖVP-Ticket, durchsetzen. Posten Control, die sich auszahlt.
Es könnte freilich auch Postenschacher sein, um den Ex-Nationalbank-Präsidenten und ÖVP-Mann Claus Raidl zu zitieren. Raidl kennt die Tricks. Und er hat in einem profil-Interview davor gewarnt, den nicht amtsführenden Wiener FPÖ-Stadtrat Schock ins Direktorium der Nationalbank zu hieven. Denn in der Ausschreibung der vier Posten wurden mehrjährige Erfahrung im Bereich Währungs- und Finanzmarktpolitik, langjährige Managementerfahrung, ausgezeichnete Englischkenntnisse sowie die Fähigkeit zur Mitwirkung in nationalen und internationalen Gremien gefordert. Und für Raidl weicht die Vita von Eduard Schock eklatant von den Ausschreibungsbedingungen ab. (Da steht übrigens auch drin: Die Oesterreichische Nationalbank strebt eine Erhöhung des Frauenanteils an und lädt deshalb qualifizierte Frauen zur Bewerbung ein. Bestimmt haben sich wieder mal keine qualifizierten Frauen gefunden.)
Ein blauer Schock für die Notenbank
Die FPÖ verweist auf den doppelten Doktor des seit 1991 in der Kommunalpolitik tätigen Burschenschafters und karenzierten Bankangestellten, Schock selbst hat sich zu seiner Qualifikation für den mit fast 300.000 Euro brutto im Jahr dotierten Job nicht geäußert. Er war neben der Politik bei der Creditanstalt, später Bank Austria tätig und hat dort nach profil-Recherchen keine Bäume ausgerissen. Seit 2006 ruht diese Anstellung, Schock ist vom Bankgeschäft also seit Jahren völlig weg.
„Im Tagesbetrieb hat Schock nicht mitgewirkt.“ @profilonline auf den Spuren der Bankkarriere des mögl. FPÖ-Kandidaten fürs OeNB-Direktorium pic.twitter.com/pNGr6bUaus
— Clemens Neuhold (@neuholder) January 28, 2019
Straches SMS-Versagen im neuen Licht
Fazit von Claus Raidl: Wenn Schock ins Direktorium einzieht, wird das von der Öffentlichkeit als rein parteipolitische Entscheidung gesehen werden, und die FPÖ macht genau das, was sie früher zu Recht immer kritisiert hat. Das hat vor allem auch vor dem Hintergrund des SMS-Irrläufers von Vizekanzler Heinz-Christian Strache aus dem November des Vorjahres Gewicht, als der FPÖ-Chef seine Verhandler davor warnte, dass das Finanzministerium drauf und dran sein, unsere Macht dort zu schwächen – nämlich in der Nationalbank. Strache hatte Sorge, dass es nur noch drei statt vier Direktoren geben und die FPÖ um einen umfallen würde. Die Nachricht schickte er irrtümlich an den damaligen SPÖ-Klubobmann Andreas Schieder, der die heiße Geschichte an die Kronenzeitung weiterreichte.
Wie verantwortungsvoll sie doch umgehen
Dem Vizekanzler blieb nur, die Echtheit der SMS zu bestätigen. Strache auf Facebook wörtlich: Die darin geäußerten Überlegungen zeigen, wie verantwortungsvoll wir mit den inhaltlich notwendigen Reformen und Personalentscheidungen umgehen.
Dabei kann es doch eigentlich nur Postenschacher sein, wenn man die FPÖ beim Wort von damals nimmt, als sie noch kantige Oppositionspolitik gemacht hat.
Das Beispiel Sozialversicherung
So witterte der damalige FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl widerlichen rot-schwarzen Postenschacher im Hauptverband der Sozialversicherungsträger, auch wenn dabei ein offenbar fähiger Kandidat zum Zug kam. Auch wenn die Bestellung Josef Probst zum Generaldirektor aus seiner langjährigen Zugehörigkeit zum Hauptverband plausibel erscheine, dürfe nicht übersehen werden, dass es sich hier um eine alte SPÖ-Seilschaft handle, wird Kickl in einer Aussendung vom Februar 2013 zitiert. Als Chef der neuen Mega-Krankenkasse ÖGK ist jetzt übrigens Matthias Krenn im Gespräch, Chef der Freiheitlichen Wirtschaft und Vizepräsident der Wirtschaftskammer. Wie schon bei der Nationalbank wird auch bei dieser Postenbesetzung der Kanzler-Vertraute Harald Mahrer eine entscheidende Rolle spielen – als Wirtschaftskammer-Präsident.
Der Gipfel des Postenschachers
Das ist ja wohl der Gipfel des roten Postenschachers, empörte sich im Februar 2014 FPÖ-Generalsekretär Harald Vilimsky, als die damalige SPÖ-Verkehrsministerin Doris Bures die frühere Siemens-Managerin und SPÖ-Politikerin Brigitte Ederer in den ÖBB-Aufsichtsrat holte. Heute steht dem ÖBB-Aufsichtsrat übrigens der Burschenschafter Arnold Schiefer vor, der mit April Finanzchef der Bahn und als solcher das Personal dazubekommen – also extrem mächtig – wird. Nachfolger als Aufsichtsratschef wird der Freiheitliche Gilbert Trattner. Ich hätte mir keine bessere Besetzung vorstellen können, freute sich der zuständige Minister Norbert Hofer, der in Oppositionszeiten auch immer wieder mit dem Postenschacher-Vorwurf zugegen war und deswegen schon auch einmal den Staatsanwalt gefordert sah.
Das ist ein unwürdiges Schauspiel
Auch der künftige Nationalbank-Direktor mit FPÖ-Zutun, Eduard Schock, hat sich gegen Postenschacher starkgemacht, von Rot und Grün in Wien. Zitat aus einer Aussendung vom November 2015: So sollen die Grünen etwa vehement darauf bestehen, Parteifreunde als Vorstände in den ausgelagerten Betrieben der Stadt unterzubringen. Ja, sie wollen sogar Direktoren in der Wirtschaftsagentur und der Wien Holding stellen. Das sei ein unwürdiges Schauspiel, ließ Schock damals wissen.
Der Fisch beginnt beim Kopf zu stinken
Und der seinerzeitige FPÖ-Abgeordnete Elmar Podgorschek, heute Landesrat in Oberösterreich und auch einmal Gastredner bei der AfD, nahm sich im Jänner 2013 die Nationalbank und Gouverneur Ewald Nowotny zur Brust: Es sei höchst an der Zeit, die Nationalbank endlich zu entpolitisieren und aus den Fängen der Parteipolitik zu befreien, wird Podgorschek in einer Aussendung zitiert. Nachdem der Fisch immer beim Kopf zu stinken beginnt, muss eine personelle Reform der Nationalbank ebenfalls ganz oben beginnen. Das passiert ja jetzt – und es muss nicht ganz oben aufhören.
Denn mit dem neuen Gouverneur Robert Holzmann, dessen Stimme laut Paragraf 36 Nationalbankgesetz quasi doppelt wiegt, und mit Eduard Schock als weiterem Mitglied des Direktoriums hat die FPÖ dort die Übermacht und kann im Fall des Falles – etwa bei Postenvergaben – immer schön ihre Vorstellungen durchsetzen.