Die Niemande
Satiriker nehmen gern Anleihen bei Politikern, die SPÖ macht es umgekehrt. Sie nimmt Anleihen beim deutschen Satiriker Jan Böhmermann, dessen neuestes Projekt die letztliche Nicht-Bewerbung für den SPD-Vorsitz ist. Versatzstücke aus Satire-Videos finden sich in Aussagen von SPÖ-Spitzenleuten zu der nach der Steiermark-Wahl noch verschärften Parteikrise. Wie Böhmermann hier spricht der Kärntner Landeschef Peter Kaiser von Revolution, und hier könnte sich Pamela Rendi-Wagner ihren seltsamen Satz abgeschaut haben, man sei für jene da, die in der Früh aufstehen. Böhmermanns Niemande sind bei uns ganz groß.
Niemand braucht die SPD! Das ruft der Satiriker aus dem sozialdemokratischen Untergrund seinen Fans zu, und wer weiß, übernimmt die SPÖ auch noch dieses Sprachbild als neuen Slogan. Der Niemand steht satirisch für den Kleinen Mann. Das Online-Medium kontrast.at – Medieninhaber ist der sozialdemokratische Parlamentsklub – hat jedenfalls schon eine große Geschichte über die roten Markierungen Böhmermanns veröffentlicht. Während dieser über die Nöte des Digitalproletariats spricht, plädiert der mit seinem neuen Buch von einem zum anderen Medium weitergereichte ewige SPÖ-Vorsitz- Kandidat Gerhard Zeiler quasi für den dreieinhalb-ten Weg der Sozialdemokratie. Nicht Corbyn, sondern Macron, ist Zeilers vage Devise. Wohingegen Hannes Androsch eher dem Satiriker zuneigt und die SPÖ als Opfer von Bobo-Quereinsteigern sieht, die der Aufgabe der Modernisierung nicht gewachsen waren. Braucht das Niemand?
Wenn den Roten die Chauffeure davonfahren
Die Niemande in der SPÖ, das sind jetzt erst einmal die Mitarbeiter, die wegen der hohen Verschuldung der Bundespartei zur Kündigung angemeldet worden sind. Während im Parlamentsklub über die Jahre Versorgungsposten für frühere Kabinettsmitarbeiter der SPÖ-Kanzler und SPÖ-Minister geschaffen worden sind, die nicht angetastet werden. Die stellvertretende Bundesgeschäftsführerin hat unübersehbar aus Protest gegen das alles ihre Funktion niedergelegt. Der Betriebsrat protestiert, aber die harten Schnitte seien unvermeidlich, bedauert Christian Deutsch, der erfolglose Wahlkampfmanager, der als Dank von der SPÖ-Chefin zum Parteimanager gemacht worden ist. Jetzt verzichtet er immerhin auf einen Chauffeur, was zusätzlich den Vorteil hat, dass der ihm nicht mehr wie seinem Vorgänger Thomas Drozda davonfahren kann. Versteht das Niemand?
Der Urlaubsbonus als Malus für die SPÖ
Dietmar Hoscher hat auch auf seinen Chauffeur verzichtet, der ihm nach der vorzeitigen Auflösung seines Vertrags als Vorstand der Casinos Austria AG durch Schwarz-Blau bis Ende 2022 zugestanden wäre. Er muss sich ab Jänner aus dem Chauffeurpool bedienen – eine Erschwernis, die dem langjährigen SPÖ-Abgeordneten aber unter anderem durch die Abgeltung von 108 nicht verbrauchten Urlaubstagen in der Höhe von 651.207 Euro brutto versüßt worden ist. Runde 6000 Euro pro Tag, die Niemand nicht versteht und es für die SPÖ fast unmöglich machen, in der Casinos-Affäre glaubwürdig zu argumentieren. FPÖ-Klubobmann Herbert Kickl, dessen Partei die Kosten für Hoscher & Co. in Kauf genommen hat, um eigene Leute unterzubringen, hat die SPÖ zuletzt in seiner Rede in der Nationalrats-Sondersitzung genau damit nach Strich und Faden zerlegt.
Keine guten Visitenkarten für Kickl & Co.
Kickl versucht damit zu verschleiern, dass es ein Niemand in der FPÖ war, der die ganze Affäre – dokumentiert durch umfangreiche Chat-Protokolle – ausgelöst hat. Doch es sind nicht diejenigen, die jetzt volle Aufklärung fordern, welche dem tschechischen Casinos-Miteigentümer Sazka strategisch in die Hände spielen, wie Kickl behauptet. Auch wenn sie sich noch so ungeschickt anstellen. Das war schon der aus dem Korruptions-Video von Ibiza mit dem goldenen Händchen. Ein Niemand, wie die FPÖ sagt und an dem sie würgt. Der noch immer so viele Freunde in der Partei hat, dass durch das ewige Hin und Her um seinen Ausschluss die neue Parteispitze längst beschädigt ist. Der andere Niemand aus dem Video hat ja gleich einen klaren Schnitt gemacht und ist ausgetreten. Er wäre auch keine gute Visitenkarte für die ehemalige Regierungspartei, was man da so liest.
Hab den Namen für eine Koalition FPÖ-Stronach (die es hoffentlich nie gibt): BLAUFRÄNKISCH #urheber
— Georg Wageneder (@gwageneder) February 25, 2013
Zwei Spezialisten für Gold regeln was
Wer das Gold hat, macht die Regeln. Das hat ein anderer politischer Niemand einmal gesagt. Dass Frank Stronach damit richtig lag, hat der Immobilien-Milliardär René Benko zuletzt wieder bewiesen, als die politische Elite inklusive der SPÖ-Vorsitzenden sich beim traditionellen Törggelen vor der Fotowand des Signa-Konzerns hat ablichten lassen. Die Jemande aus der FPÖ waren diesmal nicht dabei, der Niemand sowieso nicht. Der hat sich in Oberwaltersdorf mit dem anderen Niemand ablichten lassen, und das Foto hat für gezielte Furore gesorgt. Wenn sich zwei Spezialisten für Gold zusammentun und der blaue Niemand dann auch noch anbietet, aus dem Nichts die Wiener FPÖ samt ihrem Goldschatz aus der Pension Enzian im Defereggental wieder zu übernehmen, dann rauscht es im Blätterwald. Österreich liebt eben die Niemande.
Gib eine Ruh auch ganz ohne Löger-Emoji
Die präsumtive Kanzlerpartei ÖVP tickt da nicht anders. Niemand, aber auch gar niemand aus der Volkspartei habe etwas von einem Deal in Sachen Casinos gewusst, wird uns von dort beschieden. Jeder, der etwas anderes behaupte, werde geklagt, warnt ÖVP-Obmann Sebastian Kurz wieder einmal. Gib eine Ruh, soll das heißen. Ganz ohne das berühmte Emoji von Hartwig Löger. Die Grünen haben sich das schon zu Herzen genommen und strecken den Daumen nach oben: Die Affäre um Peter Sidlo und mögliche Absprachen für Gaming-Lizenzen habe Null mit den Koalitionsverhandlungen zu tun. Das werde man sich im Parlament in Ruhe anschauen, und dann werde man weitersehen. Die Gratwanderung von Werner Kogler, Sigrid Maurer & Co. ist in vollem Gange.
Dann redet man mit den Roten, sagt Mikl-Leitner
Und die niederösterreichische Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner hat den Grünen das am Mittwoch Abend drastisch vor Augen geführt. Auf die Frage, ob sie sich Schwarz-Blau noch einmal vorstellen könne, hat Mikl-Leitner bei einem Event der Tiroler Tageszeitung die speziell im letzten Satz bemerkenswerte Antwort gegeben: Koalitionsverhandlungen sind kein Wunschkonzert, sondern eine Frage der Alternativen. Da kann man von vornherein niemanden ausschließen. Wenn es mit den Grünen nicht klappt, redet man mit den Roten. Man kann das auch so lesen: Wenn die Grünen nicht parieren, will die mächtige ÖVP-Landeschefin Niemand ausschließen, dafür mit der SPÖ reden. Pamela Rendi-Wagner kann sich schon einmal hinter der Benko-Fotowand in Sicherheit bringen.