Ketchup if you can
Die Ampel wäre aus meiner Sicht die Zukunft. Seine Parteifreunde im Bund und in Wien seien in der Frage viel zu zurückhaltend, das hat das rote Enfant terrible Hans Peter Doskozil im Sommer hier und hier gesagt. Der burgenländische SPÖ-Chef meint, es sei nicht tragbar, die ÖVP mit ihren Korruptionsaffären wieder in die Regierung zu holen, nachdem es mit den Grünen und der FPÖ nicht mehr geht. Der Politologe Laurenz Ennser-Jedenastik erklärt die Zurückhaltung mit der strukturellen Mehrheit rechts der Mitte: Wer mit ein bisschen Hirn nachdenkt, darf das Ziel der Ampel nicht offen aussprechen. Die Bundes-SPÖ nimmt die Anregung dankbar auf, startet eine Schnitzel-Kampagne und sagt: Hold my Ketchup.
Die SPÖ verlässt sich seit kurzem auf die Agentur BrinkertLück, die Olaf Scholz unter anderem mit dem Slogan Er kann Kanzlerin zum Wahlsieg verholfen hat. Agenturchef Raphael Brinkert wird mit dem Satz zitiert, dass Österreich eine Politik verdient habe, die in herausfordernden Zeiten mit Leidenschaft, Kompetenz und mutigen Ideen für mehr soziale Gerechtigkeit für die Bevölkerung kämpft. Erster Umsetzungsschritt ist eine Herbstkampagne, die die SPÖ auf eine Stufe mit Kulturgütern wie Falco, Donauwalzer und Wiener Schnitzel stellt. Mit letzterem hat sich die SPÖ insofern selber paniert, als sie noch dazu ein sogenanntes Stock-Foto verwendet: das Schnitzel als Brettljause mit Ketchup. Catch me, if you can. So ist dir der Spott sicher.
Mit den Hanseaten auf ein Schnitzel
Und so gesehen wäre es nur folgerichtig, wenn in Anlehnung an die SPD-Kampagne vor der deutschen Bundestagswahl für SPÖ-Spitzenkandidatin Pamela Rendi-Wagner ein Slogan entstünde, der vom hanseatischen Sie kann Kanzler zum schla-wienerischen Sie will Kanzler verösterreichert wurde. Denn unumstritten ist nur eines: Die SPÖ will zurück an die Macht. Koste es, was es wolle. Ob sie es kann, die Spitzenkandidatin, das weiß man nicht. Sie tritt selten auf, lehnt Einladungen ab, und wenn sie dann einmal etwa in die ZIB2 geht, dann kommt so etwas heraus – auf die Frage, wie Österreich wieder sauber werden kann, hat Rendi-Wagner geschwurbelt: Also ich glaube, dass in erster Linie die gefragt sind, die hier wirklich Ursache des Problems sind, Ursache dieser Skandale der letzten Monate, die jetzt mehr und mehr werden und allein in den 48 Stunden sich noch einmal vermehrt haben und das ist die ÖVP und die muss schon selbst wissen, wie sie jetzt mit dieser Situation selbst umgeht.
Die Chefin der größten Oppositionspartei muss Antworten geben, und die vermisst man. Es genügt nicht, es in der Zeit der Pandemie – Wie Sie wissen, bin ich Ärztin – und bei den Maßnahmen zur Abfederung der Teuerung immer schon besser gewusst zu haben. Die SPÖ muss eine Perspektive nach vorne bieten und sich nicht abfeiern für die Erfolge, die seinerzeit das Rote Wien und später die Kreisky-Jahre der Partei und dem Land gebracht haben. Diese Verdienste bestreitet niemand, genauso wie jedem klar sein muss, dass die SPÖ ein wichtiger Pfeiler im demokratischen Spektrum Österreichs ist. Aber gerade in Sachen Transparenz haben sich die Sozialdemokraten alles andere als mit Ruhm bekleckert, die SPÖ Wien ist hier vielmehr ein mahnendes Negativbeispiel. Gleiches gilt für den Klimaschutz, wo man bei dieser Partei – Stichwort CO2-Preis und Autofahrerstadt Wien – einfach nicht weiß, woran man ist.
Verlässlich uninspiriert in Tirol
Am Ende ist es der Wille zur Macht, der zählt. In Tirol hat es Georg Dornauer bewiesen, der mit dem Wahlverlierer Anton Mattle die schwarz-rote Koalition im Land wieder aufleben hat lassen. Selbst alles andere als gestärkt mit dem matten Zugewinn von 0,2 Prozentpunkten, der lokale Desaster wie den Absturz um vier Prozentpunkte in der Landeshauptstadt Innsbruck nicht zuzudecken vermag. Dass dieses Ergebnis auch auf Bundesebene noch schöngeredet worden ist, spricht Bände. Das nicht sehr inspirierte Koalitionsabkommen unter dem Motto verlässlicher Fortschritt rundet dieses Bild nur ab. Hauptsache, die SPÖ konnte in Tirol erstmals drei Landesrats-Posten ergattern – was angesichts des Absturzes der ÖVP von 44 auf 34 Prozent, um fast zehn Prozentpunkte, aber auch keine Verhandlungs-Zauberei gewesen sein wird. Auch hier gilt: die SPÖ profitiert, weil es anderen noch schlechter geht.
Krisengewinne statt Ausstrahlung
Da kommt wieder Hans Peter Doskozil ins Spiel. Der hat nicht nur gewarnt, dass der Erfolg von Dominik Wlazny bei der Bundespräsidenten-Wahl der SPÖ zu denken geben sollte – denn Wlazny hat verglichen mit der Nationalratswahl 2019 zwar mehr bei NEOS und Grünen gefischt, aber er würde bei einem Antreten das Zugewinn-Potenzial der SPÖ schmälern. Doskozil ist auch der Einzige, der die guten Umfragewerte der Partei in Frage stellt. Die seien dem Umstand geschuldet, dass die Bundesregierung viel falsch macht und Unverständnis erregt, sagt der Burgenländer, der gerade bei den Bürgermeister-Wahlen abgeräumt hat. Die entscheidende Frage sei: Wie setzt man Themen, dass man bei den Zahlen bleibt? Doskozil bringt bei solchen Gelegenheiten immer die Punkte Pflege und gesetzlicher Mindestlohn ein – sein Kollege Dornauer in Tirol hat gerade hier mit der ÖVP wenig Spektakuläres zu bieten.
Der Zug zum Tor wird gebremst
Pamela Rendi-Wagner hat schon einmal eine Koalition mit der ÖVP ausgeschlossen, nämlich mit einer ÖVP unter Sebastian Kurz. Das war auf dem Parteitag im Juni vor einem Jahr, über den die SPÖ wohl am liebsten den Mantel des Vergessens breiten würde. Aus dem Hinterhalt – denn offene Kritik hatte es nicht gegeben – wurde die Parteivorsitzende mit desaströsen 75 Prozent abgestraft. Der Anfang vom Ende des Kurz und seines Umfelds kam drei Monate später durch die Ermittlungen der WKStA, die Nehammer-ÖVP ist wieder eine Option für die SPÖ. Da bleibt sie drauf, auch wenn Kurzens Geist immer noch in der ÖVP herumspukt und der Wille für den harten Schnitt fehlt. Diese Diskrepanz nagt an der Glaubwürdigkeit der Sozialdemokraten und bremst ihren Zug zum Tor, ohne dass sie es merken.
Im Schatten dieses Herumlavierens holen die Freiheitlichen auf, die mit ihrem radikalen Rechtspopulismus in Sachen Teuerung, Ausländer und Sicherheit die linkspopulistischen Volten der SPÖ immer noch um Längen schlagen. Man sieht es in den Umfragen. Doskozil hatte schon recht damit, wenn er im Sommer von einer Momentaufnahme sprach. Österreich befindet sich in interessanten Zeiten, wie es so schön heißt. Der Bundespräsident hat eben erst eine doch spektakuläre Rede wider die Korruption gehalten und das in seiner Ansprache zum Nationalfeiertag noch einmal bekräftigt. Die SPÖ kann den interessanten Zeiten nur gerecht werden, indem sie sagt, wie sie das Land aus diesen herausführen will – und vor allem mit wem. Dass das ein wahltaktisches Minenfeld ist – Stichwort strukturelle Mehrheit rechts der Mitte und deren absehbare Warnung vor dem Linksruck – steht außer Frage.
Die Menschen warten auf was Großes
Aber, wie Johannes Huber in seinem Blog richtig schreibt: Dem müsste die Partei für einen Wahlerfolg sozusagen proaktiv entgegenwirken, indem sie sich mehrheitsfähige Schwerpunkte einfallen lässt, die sie nur mit Grünen und NEOS umsetzen könnte. Darum bemüht sie sich aber eben nicht. Und damit bietet die SPÖ auch keine Perspektive für etwas Neues. Dafür bräuchte es Mut und gute Ideen, einen neuen Spirit, der genug Menschen überzeugen kann, ein Stück des Weges mitzugehen. Nach Strache und Kurz, nach Ibiza und Beinschab-Österreich-Tool, nach Wolf und Benko warten die Menschen auf etwas Großes – und nicht auf eine Kampagne mit oder ohne Ketchup. Man fragt sich, worauf die SPÖ wartet. Und: if she can.
2 Gedanken zu „Ketchup if you can“
Ob da Doskozil der Heilsbringer ist, bezweifle ich stark, nur weil er ein Kind 2015 gehalten hat, muss man einen Polizisten nicht zum LH machen, auch da er sich selber der Freunderlwirtscchaft – seine Frau unterbringen – bedient. Die SPÖ ist selber zu dumm aus den Missständen der Ibiza/Korruptionsaffären Kapital zu schlagen, alles nur weil die ÖVP so mies ist, deshalb bessere Umfrageergebnisse – und die Wr. Stadtregierung unter Ludwig ist so abgehoben und hat ihre Politik a la Kurz perfektioniert. Medienwirksam 80m Radweg mir bunten Bildern publizeren, aber für Umweltschutz nichts über haben- siehe Stadtstrasse – Lobautunnel. Die hofft dadurch, der FPÖ, die sich auch noch gerne als Autofahrerpartei sieht ein paar Wahlstimmen abzuluchsen – Eigentor aber zu präpotent das einzusehen. Auch lügte Ludwig, als er in Ö1 tönte, dass die Wien Energie nicht aus Steuergeld min.1,4 Mio. aus dem Stadtbudget bekam- oder war das aus seinem Gehaltskonto? … auch er bekommt aus Steuergeld sein unverdientes Gehalt.
Die SPOe braucht nicht neues, sondern nur _endlich_ soziale Gerechtigkeit herstellen – das hat sie bisher nur fuer ihre Funktionaere erreicht.