Prinzip Chaostruppe
Wir leben jetzt gerade insbesondere in Zeiten, wo man niemand mehr erklären muss, welche Auswirkungen der Klimawandel hat. Wir spüren sie ohnehin jeden Sommer und jeden Winter ganz klar. Aber diese Chaostruppe von Extremisten, die erreicht genau das Gegenteil und gewinnt keinen einzigen Millimeter. Jugendstaatssekretärin Claudia Plakolm von der ÖVP auf TikTok gegen die Klima-Kleber, das ist nicht Brutalität, sondern Ignoranz. Und es steht für das Prinzip, nach dem die Kanzlerpartei die Realität beharrlich verweigert. Klimaschutz, Asylpolitik, Antikorruption. Sie gewinnt keinen einzigen Millimeter.
Claudia Plakolm hat es nicht ganz verstanden. Ihre Reaktion wie die vieler anderer auf die Protestaktionen der Letzten Generation und vergleichbarer Klima-Initiativen macht diese erst erfolgreich. Diese wissenschaftlich als radikale Flanke der Klimaschutzbewegung geltenden Aktivisten schaffen mit ihren umstrittenen Aktionen jene Aufmerksamkeit, die die längst eingehegten Fridays for Future-Leute nicht mehr erreichen können. Johanna Mikl-Leitner hat im Rahmen ihrer verzweifelten Materialschlacht zum Abschied von der absoluten Mehrheit einen Sicherheitsgipfel wegen der Klima-Kleber einberufen, zu dem Rotes Kreuz, Feuerwehr und Polizei antanzen müssen. In einem Land, wo es bisher keine solchen Aktionen gab, aber von der Landeshauptfrau von Niederösterreich schon einmal Haftstrafen für Aktivisten gefordert werden: Da kann die Oberösterreicherin Plakolm noch einiges lernen.
Das Miteinander zur Groteske verzerrt
Freilich nur, was kurzfristige Wahlkampf-Taktik und blau-gelbes Pathos betrifft, in dem die niederösterreichische ÖVP am Montag Abend beim pompösen Wahlauftakt in St. Pölten geschwelgt ist. Da wehte ein Hauch von Kurz und Stadthalle durch den Livestream, die Segnungen der Partei für das Land wurden gepredigt, das berühmte Miteinander wurde ins geradezu Groteske verzerrt, als Landesgeschäftsführer Bernhard Ebner dem Publikum zurief: Wir alle. Wir müssen da entgegenhalten. Wir müssen bei diesem Gegeneinander dagegenhalten. Wo man nur hinschaut in Niederösterreich, klebt eine Klima-Aktivistin. Passt man einmal nicht richtig auf, kommt ein Gegeneinander um die Ecke und zerstört die Idylle.
Das Schattenboxen für die Unbotmäßigen
Eine Opposition, die diesem Schattenboxen der ÖVP Paroli bieten könnte, muss wohl erst noch geboren werden. Wo das demokratiepolitische Credo Macht braucht Kontrolle immer noch mit Unbotmäßigkeit gleichgesetzt wird, ist Kritik an der alles dominierenden Volkspartei mitunter geschäftsschädigend. Die FPÖ flüchtet sich in gewohnt radikale Sprüche und Forderungen, die SPÖ versteckt sich hinter Plakat-Sujets mit seltsamen Sprüchen. Und der in Niederösterreich politisch sozialisierte ÖVP-Obmann Kanzler Karl Nehammer gibt sich beim Wahlkampf-Auftakt angemessen devot, wenn er auf die Frage nach Tipps für die nächsten drei Wochen sagt: Wer bin ich, dass ich euch sagen muss, wie Wahlkampf geht! Ratschläge zur Wahlkampf-Finanzierung sollten die Niederösterreicher ohnehin besser nicht annehmen, denn da hat Nehammer aus 2019 noch was mit dem Rechnungshof offen.
Gut gebremst ist nicht immer gewonnen
Inhaltlich hat der Kanzler in St. Pölten die üblichen Goodies im Bauchladen: Krisen super gemeistert, Abhängigkeit vom russischen Gas drastisch, wenn auch kostspielig reduziert, auch sonst jede Menge Geld ausgegeben, aber das wird jetzt, verspricht Nehammer, auch tatsächlich bei euch und bei den Menschen, die ihr in den Häusern besucht, Wirkung zeigen. Zuerst zeigt natürlich das Geld Wirkung, das Johanna Mikl-Leitner den Menschen, die sie in den Häusern besucht, geschenkt hat. So viel Kontrolle muss sein. Wer ist der Kanzler, wenn die Landeshauptfrau als Erste die Energiepreis-Bremse gezogen hat! Nehammer hat deshalb vorsorglich die Asylbremse gezogen, gemeinsam mit dem aus dem blau-gelben Herzen stammenden Innenminister Gerhard Karner. Tausende Inder kurz vor der Abschiebung, wurde getitelt. Dabei waren nur ein paar hundert da. Aber gut gebremst ist halb gewonnen, haben sie sich gedacht und es laut hinausposaunt.
Wer sind sie, dass sie Kickl Wahlkampf lehren
In Niederösterreich überlässt die Landeschefin das Thema den Gegeneinanders, sprich den Freiheitlichen. Mikl-Leitner und ihr Wahlkampf-Manager wissen, dass man keinen einzigen Millimeter gewinnen kann, wenn man das Geschäft des politischen Hauptgegners erledigt. Nehammer und Karner haben die FPÖ auf Bundesebene wieder in lichte Höhen katapultiert, Herbert Kickl recycelt seine Sprüche von irgendwann, schreibt das Wort Festung auf ein Wahlplakat und schaut bedeutungsvoll aus einer Phantasie-Uniform in die Gegend. Wer sind sie, dass sie dem Kickl sagen müssen, wie Wahlkampf geht! Zwar hängen zum Glück für die ÖVP auf Bundesebene noch keine Wahlplakate, dafür hängt die Volkspartei gemeinsam mit den Grünen in den Seilen. Eine Neujahrsklausur der Regierung soll diesen Eindruck jetzt mildern.
Frau Plakolm & die ganz großen Schrauben
Ob das gelingen wird, ist nach Nehammers Ankündigungsworten in St. Pölten fraglich: Wir werden in dieser Klausur auch das schwierige Thema für die Gesamtsituation angehen, und wir werden auch erfolgreich sein im Thema Korruption. Wir werden all diese Themenfelder abarbeiten, weil sie wichtig sind für das Land. Für die Menschen. Für die Volkspartei. Und diese Klausur soll genau diese Impulse setzen. Wir sind handlungsfähig. Wir haben eine stabile Mehrheit in diesem Parlament. Claudia Plakolm hat es in der ZIB2 auf die Frage, warum nicht einmal Tempo 100 auf Autobahnen möglich ist, so formuliert: Wir müssen weniger mit Verboten arbeiten, sondern stattdessen an den ganz großen Schrauben drehen. Sagt die Vertreterin einer Partei, die das seit Jahren überfällige Klimaschutzgesetz für verzichtbar hält.
Allmächtige Panik auf schwarzer Titanic
Für die Volkspartei, die seit 1986 durchgehend in der Regierung sitzt, zählen am Ende die Schrauben, mit denen sie sich an der Macht festzurren kann. Im Falle Niederösterreichs an der Allmacht. Und dort hat Johanna Mikl-Leitner beim Wahlkampf-Auftakt auch die passenden Worte gefunden: Es steht viel auf dem Spiel. Wir haben nur mehr 20 Tage. Was dann gilt, das gilt ganze fünf Jahre und kann erst 2028 wieder geändert werden. (…) Es steht viel auf dem Spiel, diesmal sehr viel. (…) Von jetzt weg, bis zum 29. Jänner geben wir gemeinsam alles. Weil diesmal so viel auf dem Spiel steht. Weil diesmal alles auf dem Spiel steht. Man wähnt sich auf der Titanic und sucht hektischen Blicks den Eisberg voraus. Dabei hat die Kollision längst stattgefunden, und keiner will das Leck sehen.
7 Gedanken zu „Prinzip Chaostruppe“
Ehrlich gesagt verstehe ich nicht, wieso nur den Klimakleber*innen vorgeworfen wird, das Leben von Menschen zu gefährden. Was ist mit den Politiker*innen, die zum Teil seit Jahrzehnten das Gegenteil von Klimaschutz betreiben. Österreich ist ziemliches Schlusslicht in der EU bzgl. Klimaschutz. Im Gegenteil wir geben Milliarden an Förderungen für klimaschädliches Verhalten aus. Das gefährdet das Leben von Generationen. Wieso thematisiert das niemand?
sehr gut auf den Punkt gebracht, in der Sache selbst leider traurig, dass das zu wenig erkannt wird.
Danke, wie immer genüsslich zu lesen.
Danke freut mich!
Grüss Sie
Zu den Wahlkampfkosten: Ich kann mir nicht vorstellen, dass die auch in NÖ nict überschritten werden, alleine zwischen Breitenfurt Ostende und Bft. Ost stehen ca. 7 grosse Tafeln der ÖVP … naturlich keine 3Eckständer sondern so richtige Tafeln und sogar Fahnen wehen einem entgegen. Ich vermute, dass viele auf den Schmus der ÖVP hereinfallen und diese Truppe wieder und weiter wählt. Sobotka fehlt in dieser Runde noch, wird sich aber sicher noch einbringen.
Grüsse Werner
Dieses Prinzip kenn ich nur zu gut;)
Cecile
Thanks!