Nur zum Besten
Sechs Monate sind genug, sagen die Sicherheitspolitiker von der ÖVP. Sie meinen nicht ihre stolze Kanzlerschaft, die in einem halben Jahr wie eine Sanduhr langsam auslaufen und neu zu verhandeln sein wird. Zweimal 99 Luftballons lassen die Sozialdemokraten steigen, damit bis zur Wahl jeden Tag einer platzen kann. Und rechts außen steht eine Handvoll Drachen mit schrecklichen Gesichtern im Wind. Sie flattern nicht einmal.
Sie sagen, es sei nur zum Besten der Republik. Man müsse doch die Neutralität beschützen. Man sei vielleicht ein bisschen naiv gewesen, was die engen Beziehungen zu Russland angeht, aber seit dem 24. Februar vor zwei Jahren wisse man, wo es lang geht. Jetzt geben sie mit beiden Händen Milliarden aus für Waffen und Gerät. Ja, die Armee ist finanziell ausgehungert. Ganz ohne Krieg. Allein durch kurzsichtige Politik, die schon knapp dran war, die militärische Landesverteidigung auf den Müllhaufen der Geschichte zu kippen. Sie sagen, das kriegen wir schon hin. Soll das Milizheer halt ausrinnen, weil der politische Mut fehlt, wieder einen längeren Wehrdienst einzuführen. Sechs Monate sind genug, sagen sie wie seinerzeit Bruno Kreisky. Es war sein Wahlkampfschlager in den 1970-ern. Hauptsache nichts von dem ändern, an das die Leute gewöhnt sind und auf dem Populisten herumreiten. Nur nicht ernsthaft diskutieren über Sicherheitspolitik. Lieber Sand in die Augen streuen. Koste er, was er wolle.
“Arbeitsfähigkeit zu jeder Zeit gegeben”
Sie schauen weg, wenn im Verteidigungsministerium unermüdlich, aber erfolglos an einer angeblichen Verbesserung der Organisation gearbeitet wird. Spitzenbeamte im Generalsrang sitzen seit Jahren auf provisorischen Posten und könnten von einem Tag auf den anderen von dort entfernt werden. Aber die angebliche Reform, die noch dazu nicht mehr in das neue Risikobild passt, wird verschleppt. Nicht zuletzt weil parteipolitische Netzwerker heftig netzwerken, um ihre Claims im Haus abzustecken. Weil dabei Ministerratsbeschlüsse ignoriert und Einzelinteressen verfolgt werden, wenn wir der internen Kontrolle und ihrem brisanten Revisionsbericht glauben wollen. Nichts wurde dementiert, es wurde nur beschwichtigt. Zitat: Wichtig festzuhalten ist, dass die Arbeitsfähigkeit aller im Bericht genannten Stellen zu jeder Zeit gegeben war und ist. Sie wollen uns trösten und entlarven sich doch nur selbst.
Ein Satz, tonnenschwer wie ein Radpanzer
Die strenge Innenrevision hat nämlich die Arbeitsfähigkeit ausgerechnet der Rüstungsdirektion in Frage gestellt, die Milliarden um Milliarden in Beschaffungen steckt und gleichzeitig um ihren Platz innerhalb der Heeresstruktur kämpft. Weil der Direktor, der gern Sektionsleiter wäre, in der Sache so umtriebig war und Regeln missachtet hat, hätten sich Probleme mit der Compliance ergeben, berichtet der Kontrollchef des Ministeriums seiner Ministerin. Und er schreibt wörtlich: Den nunmehr dort getroffenen Rüstungs- und Beschaffungs-Entscheidungen mangelt es an Klarheit bezüglich der Verantwortung und Zuständigkeit. Was für ein Satz. Er lastet tonnenschwer wie ein Radpanzer auf der feierlichen Vertragsunterzeichnung beim Hersteller des Pandur, wo sie sich wieder ablichten haben lassen zum Besten der Republik.
99 rote Luftballons, die gern platzen
Es ist alles nur zum Besten der Leute. So auch die Flügelkämpfe in der SPÖ. Sie sollen – so wollen sie uns neuerdings weismachen – die ganze Breite dieser Partei aufzeigen, unmögliche Positionen wie Luftballons steigen und wieder platzen lassen. Doch kein absolutes Nein zur FPÖ, doch kein bedingungsloses Ja zur Vermögensteuer – und wieder zurück. Kalkulierte Verwirrung! Um der verwirrten Wählerin, dem verwirrten Wähler am Ende zu sagen: Unser umstrittener Parteivorsitzender ist der einzig authentische Sozialdemokrat.
Und dazu noch ein Verwirrungsbonus: Der oberste SPÖ-Gewerkschafter macht sich mit der ÖVP-Wirtschaftskammer einen Häuslbauer- und Häuslbauerinnen-Bonus von bis zu 100.000 Euro aus. Nicht rückzahlbar. Das soll die Bauwirtschaft ankurbeln und offenbar der Verteilungsgerechtigkeit die Krone aufsetzen. Einen Tag später rudert der Gewerkschafter zurück, er hat es ja nicht ganz so gemeint. So wie er es mit der Kritik am authentischen Vorsitzenden nicht ganz so gemeint hat. Der Gewerkschafter sagt: Ich bedauere, wie sie angekommen ist. Also auch die Kritik nicht rückzahlbar. Am Wahltag könnten sie dennoch eine Rechnung bekommen. Dafür, dass sie nicht zu fassen sind.
Die blauen Drachen stehen hart am Wind
Denn am Flügel rechts außen, da stürmt einer, der keine Ballons steigen und platzen lässt. Seine Drachen stehen hart am Wind und sind von weitem gut zu sehen. Corona, Ausländer, Teuerung, Klimawahnsinn und allerlei Verschwörungszeug. Eliten-Kritik nennt das die Politikwissenschaft. Auch der öffentlich-rechtliche Rundfunk fehlt da nicht, und der Parteiobmann mit den guten Umfragewerten hat dafür einen Drachen aus der Garage geholt, der sich früher schon bewährt hat. Aktuell macht er Unterhaltungsfernsehen bei einem Privatsender, dessen Publikum er versprochen hat, auch als ORF-Stiftungsrat weiter gegen den ORF Stimmung zu machen. Weil dann kann ich immer gleich aus den Sitzungen des Stiftungsrats berichten, was da so alles passiert. Hat er gesagt. Und das zieht bei den Leuten, für die alle nur das Beste wollen. Weil sie genug haben von dem Sand, der ihnen in die Augen gestreut wird, und von mit lauwarmer Luft gefüllten Ballons.
Ein Gedanke zu „Nur zum Besten“
In vielen Ländern zeigt sich der Unmut der Bevölkerung auf den Straßen. Österreich lebt jedoch von seinen Tugenden Lethargie und Phlegmatismus – “da kann man eh nichts machen!” Sehenden Auges wird zugesehen, wie das Land abgewirtschaftet wird. Ein Volksbegehren für uneingeschränkte”Bargeldzahlung” n erhält mehr Zustimmung als das Antikorruptionsvolksbegehren. Die Österreicher:innen haben Prioritäten gesetzt. Feige,ängstliche Politik gepaart mit 3. klassigem Personal und z.T. bildungsferner Bevölkerung sind der Nährboden für eine traurige Zukunft.