Das sind nicht wir
Wenn ich Spenden intransparent sammeln würde, dann könnten Sie zu Recht annehmen, dass ich irgendein Problem damit habe, die Personen öffentlich zu machen; dass es da vielleicht den Versuch gibt, sich Politiker zu kaufen. Man kann diese Aussage von Sebastian Kurz aus dem Wahlkampf 2017 nicht oft genug zitieren. Jetzt also die Milliardärin Heidi Horten, die einen Dauerauftrag über monatlich 49.000 Euro für die ÖVP eingerichtet hatte. Am Rechnungshof vorbei. Ertappt durch ein internes Leak und die folgenden Recherchen zweier Zeitungen, haben sie es schnell selber zugegeben. Motto: Das sind nicht wir.
Im Gegensatz zur SPÖ nennen wir nicht nur die Summe der Spenden, sondern auch die Namen der Spender. Wir fordern deshalb alle Parteien, die das noch nicht getan haben, auf, auch die Spenden und Spender für 2018 und 2019 vollständig transparent zu machen. So die kühl kalkulierte Vorwärtsstrategie von ÖVP-Generalsekretär Karl Nehammer. Nicht die Tatsache, dass die Kanzlerpartei während der Regierungszeit 2,7 Millionen Euro an Spenden bekommen hat, allein 931.000 davon von der Milliardärin Heidi Horten. Das Geld war so wie industrielle Großspenden in Tranchen unter 50.000 Euro gestückelt, sodass man sich die Meldung an den Rechnungshof sparen konnte.
Der Dauerauftrag der Frau Horten
Intransparenz par excellence. Doch der ÖVP fiel dazu nur ein: Die Spenden sind alle gesetzeskonform an die ÖVP Bundespartei geflossen. Schließlich sei das Stückeln von Spenden damals ja nicht verboten gewesen. Das sind nicht wir. Die Volkspartei scheint viel vom Koalitionspartner FPÖ mitbekommen zu haben, von dem sie sich so unsanft getrennt hat. Heinz-Christian Strache, der Frau Horten gern als Spenderin gehabt hätte und dies auf dem Ibiza-Video – wie er heute sagt – nur prahlerisch kundgetan habe, hat in einem ZIB2-Interview über diese Performance gesagt: Das entspricht nicht meinem Verhaltensmuster. Und wenn ich diese Bilder sehe, so weiß ich: Das bin nicht ich.
Die Auffrischung der Nacht von Ibiza
Das war – nur zur Erinnerung – jener Strache, der in der Finca mit der vermeintlichen russischen Oligarchen-Nichte viereinhalb Stunden lang über Staatsaufträge als part of the game gesprochen hat, sollte die Kronenzeitung unter Russen-Kontrolle kommen und die FPÖ im Wahlkampf pushen. Die Aufdecker der Affäre von der Süddeutschen Zeitung zeichnen in ihrem neuen Buch ein durchaus differenziertes Bild von diesen Verhandlungen, die Strache in jener verhängnisvollen Nacht geführt hat. Was bleibe, sei ein nicht wegzuredender Hang zur Korruption. Ich hab eine saubere Weste, und ich sage, ich lasse mich nicht in der Art und Weise diskreditieren. So Strache in der ZIB2.
Die Weglegung der Casino-Affäre
Das bin nicht ich. Der Satz mit der sauberen Weste hat auf die Hausdurchsuchung bei Strache gezielt, wie sie auch bei Johann Gudenus und anderen in der Casino-Affäre vorgenommen worden sind. Verdacht der Bestechlichkeit in Zusammenhang mit der Bestellung des Freiheitlichen Peter Sidlo zum Finanzvorstand der Casinos Austria. Die FPÖ hätte sich am liebsten gar nicht zu den Kalamitäten des Ex-Obmanns geäußert, der immer noch die Hoheit über die machtvolle Strache-Facebook-Seite hat und dessen Frau nach der Wahl als Abgeordnete in den Nationalrat einziehen wird. Ein Deal der Partei mit dem Ex-Chef hierüber wird offiziell bestritten. Wir doch nicht.
Die plötzlich un-blaue Pension Enzian
So wie jede Verantwortung der Partei für die Hausdurchsuchungen zurückgewiesen wird: Die FPÖ ist nicht involviert – sondern lediglich Privatpersonen, hat Generalsekretär Christian Hafenecker dazu gesagt. Das sind nicht wir. Der Geschäftsführer des Freiheitlichen Bildungsinstituts hat sich sogar vom Freiheitlichen Bildungsinstitut in St. Jakob im Defreggental distanziert, wo im Auftrag der Justiz ebenfalls Nachschau nach brisantem Material gehalten wurde. Man habe mit dieser Pension Enzian in Osttirol, die der FPÖ gehört und die Ex-Parteichef Strache als Rückzugsort gedient haben soll, nur den Namen gemeinsam, wurde verlautet.
Das sind nicht wir. Im ORF-Sommergespräch hat FPÖ-Obmann Nobert Hofer dann doch ausführlich Stellung nehmen müssen, und er ist nicht nur bei der Linie geblieben, sondern hat noch eins draufgelegt. Die umstrittene und vom Personalberater negativ beurteilte (mangelnde Führungs- und CFO-Kompetenz) Bestellung des FPÖ-Manns Sidlo zum Finanzchef der Casinos Austria AG hätten die ÖVP-Leute an der Spitze des Aufsichtsrats – namentlich Walter Rothensteiner und Josef Pröll – zu verantworten, so Hofer: Wenn ein Personalberater sagt, dass eine Person nicht geeignet ist, dann ist diese Person nicht zu bestellen. Er, Hofer, hätte Sidlo in der Situation nicht bestellt.
Eine abenteuerliche Postenbesetzung
Dem steht freilich die Aussage Heinz-Christian Straches entgegen, der zur Sidlo-Bestellung in der Tageszeitung Die Presse gesagt hat: Es war so, dass es Gespräche mit ÖVP-Verantwortlichen gegeben hat. Und am Ende gab es keine Einwände. Es sei ihm wichtig gewesen, einen FPÖ-Vorschlag für diesen Posten zu machen, so Strache. Die negative Bewertung durch den Personalberater wurde in der Folge abenteuerlich unter der Tuchent gehalten, wie Sidlo selbst im Presse-Interview erzählt. Und zwar so: Im Gesamt-Aufsichtsrat wurde darüber abgestimmt, ob der gesamte Bericht allen Mitgliedern vorzulegen ist. Das wurde mit 13 zu fünf Stimmen abgelehnt. Sidlo auf die Frage, wie es Kontrolleure ablehnen können, vor einer so wichtigen Entscheidung umfassend informiert zu werden: Das müssen Sie den Aufsichtsrat fragen.
Und eine abenteuerliche Themenbesetzung
Wie es halt so läuft bei Postenbesetzungen im staatsnahen Bereich. Das war unter dieser ÖVP-FPÖ-Regierung nicht anders als unter früheren Regierungen. Und es wird wohl auch in Zukunft so weitergehen. Ob Schwarz & Blau wieder zusammenfinden, oder ob sich gar für die SPÖ – die immer noch am Spielfeldrand darauf wartet, endlich wieder eingewechselt zu werden – die Tür in die Regierung wieder öffnet. Noch etwas haben die drei Parteien gemeinsam: Sie wollen sich im Wahlkampf den Klimaschutz auf die Fahnen schreiben, lehnen aber eine CO²-Steuer als anerkannte Maßnahme in dieser Richtung von vornherein ab. Klimaschutz, das sind nicht wir. Sozusagen.
Update: Am 21. August berichtet Heute, dass die FPÖ Heinz-Christian Strache die Hoheit über seine Facebook-Seite entzogen hat. Das wird aus der Partei bestätigt.
2 Gedanken zu „Das sind nicht wir“
Danke für die Klarheit.
Ich unterschreibe diesen Kommentar mit dem Beisatz: Den Boden der Rechtschaffenheit und Seriösität haben wir mit dieser Gang 2017 verlassen, es regiert uns eine negative Auslese ideologiefreier, korruptionsanfälliger Politiker.