Hack me if you can
Jetzt ist also auch noch Ursula Stenzel gehackt worden. Jemand muss auf ihre Festplatte zugegriffen und alles über Rechtsextreme und Identitäre abgesaugt haben, was man wissen muss. Dass die das historische Datum 1683 gern für ihre Zwecke instrumentalisieren zum Beispiel. Sonst wäre die Wiener FPÖ-Stadträtin (sie war einmal ein ÖVP-Aushängeschild) niemals beim Identitären-Fackelzug in der Wiener Innenstadt mitmarschiert und hätte unter keinen Umständen auch noch eine Rede zur Verteidigung des christlichen Abendlandes gehalten. Vor einem Publikum, über das die Nummer zwei der FPÖ, Herbert Kickl, seinerzeit in Linz gesagt hat: Ein Publikum, wie ich mir das wünsche und vorstelle.
Zu seinem eigenen Pech muss jetzt die Nummer eins der FPÖ, Norbert Hofer, ein ernstes Wort mit Stenzel reden und nicht Kickl. Hofer sagte im profil, noch bevor der Stenzel-Auftritt bekannt geworden ist: Beim historischen Konnex müssen wir viel, viel sensibler sein als andere Parteien. Was extrem ist, soll keinen Platz haben. Bei den Identitären ist es nachvollziehbar, dass die ein Wahnsinn sind. Dass sein Kompagnon Kickl da anders denkt und tönt, hat Hofer in dem Interview allgemein sehr elegant umschrieben: Kickl stärkt den Kern der Wählerschaft, ich versuche, darüber hinaus zu wirken. Man darf gespannt sein, wie der FPÖ-Obmann da den Good Cop spielen wird und wie er es der Wiener FPÖ sagt. Denn dort ist das mit dem sensiblen historischen Konnex offenbar nicht abgespeichert worden. Man hat für kommendes Jahr gleich ein eigenes Gedenken an das Ende der Türkenbelagerung angekündigt.
Wir danken Ursula Stenzel für ihre großartigen Worte bei der Abschlusskundgebung.
— Martin Sellner 🪥 (@Martin_Sellner) September 7, 2019
ÖVP-Generalsekretär Karl Nehammer hat ja nicht viel zu lachen gehabt dieser Tage. Eine mutmaßliche Hacker-Attacke im Haus, viel Erklärungsnot außer Haus, da kommt ihm eine Stenzel gerade recht: Parteichef Norbert Hofer kann nun unter Beweis stellen, wie ernst es ihm mit dem Durchgriffsrecht in seiner Partei ist. Wir erwarten uns den Ausschluss von Ursula Stenzel aus der FPÖ und ihren Rücktritt. Deutliche Worte an den verstoßenen Partner, der sich – Ibiza hin oder her – hartnäckig für eine neuerliche Koalition mit der ÖVP andient. Hofer muss jetzt etwas liefern.
Entsatz für Nehammer durch Stenzel
Der FPÖ-Chef hat schon öfter anklingen lassen, dass er nicht immer so nett ist, wie es scheint, sondern immer wieder einmal auch der Mann fürs Grobe gewesen sei. So hat Hofer mit Strache die gesamte Führungsspitze der FPÖ Salzburg unter Karl Schnell aus der Partei geschmissen. Schnell dazu nach der Veröffentlichung des Ibiza-Videos im Rückblick: Ein Video hätte ich mir auch damals beim Putsch gegen uns in Saalfelden gewünscht. Da hätte man sehen können, wie sich H.-C. Strache, Herbert Kickl und Norbert Hofer aufgeführt haben. Jetzt will sich Hofer vom Parteitag trotzdem ein Durchgriffsrecht bei Parteiausschlüssen geben lassen. Es ist wohl mehr ein Signal nach innen an Kickl und nach außen an die ÖVP, um die Machtverhältnisse bei der FPÖ festzumachen, die nach Straches Abgang nicht wirklich geklärt sind.
Wöginger spricht mit Identitären-Leibblatt
Den zweiten Teil des Zangenangriffs der ÖVP Richtung Freiheitliche erledigt Klubobmann August Wöginger. Er will eine Änderung des Vereinsrechts zum Verbot der Identitären Bewegung noch in der September-Sitzung des Nationalrats durchboxen, die ist vor der Wahl. Das ist ein rechtlich umstrittenes Vorhaben, politisch ist das Ziel freilich ganz klar: Die ÖVP will jetzt, zur besten Wahlkampfzeit, noch einmal demonstrieren, dass sie mit dieser rechtsextremen Truppe nichts zu tun haben – und alle jene Wähler, auf die eigentlich Norbert Hofer darüber hinaus wirken möchte, einsacken will. Was da nicht dazupasst, ist ein Interview, das Wöginger der Zeitschrift Info-Direkt gegeben hat, dem inoffiziellen Zentralorgan der Identitären. Die haben auch dem Tiroler SPÖ-Chef Georg Dornauer ein Interview abgeluchst, der hat dann ziemlich viel Ärger gehabt.
Fellner fragt schon, ob es die Russen waren
Wöginger könnte zu seiner Entlastung vorbringen, es wären Textbausteine gehackt und der rechten Zeitschrift zugespielt worden. Einer der Bausteine sei im Standard gelandet und eindeutig manipuliert worden: Es kann ja nicht sein, dass unsere Kinder nach Wean fahren und als Grüne zurückkommen. Wer in unserem Hause schlaft und isst, hat auch die Volkspartei zu wählen. Das wird Wöginger aber nicht tun, denn mit so etwas treibt man auf keinen Fall Scherze. Schließlich befassen sich jetzt schon die Geheimdienste der Republik mit der Attacke auf den ÖVP-Server, auf dem irgendwo auch interessante Zahlen zu Wahlkampfkosten und Nicht-Wahlkampfkosten gespeichert sind, die die ÖVP nicht und nicht dementieren oder mit ihren Dokumenten widerlegen will. Keine Zeit für Details, das Stück heißt: Wahlbeeinflussung durch Unbekannt. Fellner-Fernsehen fragt schon ganz außer Atem: Waren es die Russen?
Bei Silberstein war die Quelle noch egal
Wir werden es hoffentlich noch vor der Wahl erfahren, damit wir als Wähler unsere Schlüsse daraus ziehen können. Wahrscheinlich ist das freilich nicht. Wer sind die Täter? Ich bitte Sie um Zeit. Wir wollen nicht mit Mutmaßungen den Ermittlungen der zuständigen Behörden vorgreifen. Sagte Sebastian Kurz in der Pressekonferenz, von der der Falter ausgeschlossen worden war, nachdem das Blatt unangenehme ÖVP-Interna veröffentlicht hatte. Es wird noch einige Wochen dauern, bis wir konkretere Aussagen treffen können, hat Avi Kravitz, der von der ÖVP engagierte Cyber-Security-Experte, gesagt. Vielleicht geht sich ja noch der eine oder andere vage Zwischenbericht bis zum Wahltag aus. Als das Dirty Campaigning der SPÖ gegen Kurz im Wahlkampf 2017 aufgeflogen ist, hat sich von der ÖVP übrigens niemand dafür interessiert, wer das auffliegen hat lassen und wer da nachgeholfen haben könnte.
Jetzt wird die Quelle zur Geschichte gemacht
Die Schlüsselfigur Daniel Kapp, ein ÖVP-naher PR-Mann, hat sich im Gegenteil darüber beschwert, dass die Frage überhaupt gestellt wurde. Man hat versucht, die Quelle zur Geschichte zu machen, so Kapp über die Silberstein-Affäre. Genau das passiert jetzt tatsächlich, und zwar in richtig großem Stil. Mit Nationalem Sicherheitsrat und Geheimdiensten und Mediengetöse. Weil die ÖVP ihre IT nicht im Griff hat. Und weil mittels interner Papiere enthüllt worden ist, wie kreativ im Hause Kurz sonst noch gehackt wird – nämlich große Spenden in kleine Stücke und Wahlkampfkosten auseinander.