Dosko Düsentrieb
Was täte Christian Kern ohne den pannonischen Leihspieler in seinem Regierungsteam? Hans Peter Doskozil lässt nicht nur medienwirksam die Radpanzer auf dem Brenner auffahren und den Kanzler am nächsten Tag nicht minder medienwirksam zur Beruhigung ausrücken, dass eh alles zum Besten mit den Freunden in Rom besprochen sei. Hundert Tage vor der Nationalratswahl verkündet der Verteidigungsminister dann auch noch das Aus für die sauteuren Eurofighter. Wer möchte der rechten Faust des SPÖ-Chefs da nicht zustimmen? Und ein Schelm, wer denkt, das könnte etwas mit Wahlkampf zu tun haben.
Schließlich hat Doskozil laut und vernehmlich gesagt: Das kann und darf kein Wahlkampfthema sein. Der Ausstieg aus dem Eurofighter fuße einzig und allein auf dem Bericht der Sonderkommission, die aus Experten seines Hauses besteht und zu denen der Verteidigungsminister natürlich volles Vertrauen hat. Auch wenn bekannt ist, dass diese Experten schon 2002 lieber den Saab Gripen gekauft hätten und von der Regierung den Eurofighter in den Hangar gestellt bekommen haben. Der schwedische Gripen und die amerikanische F-16 sind die Modelle, die bei einer Neubeschaffung wieder in der engeren Wahl stehen werden. Aber das muss nichts heißen.
Schüssels Prestigeprojekt verschrotten
Und es hat natürlich überhaupt nichts mit Wahlkampf zu tun. Das sagt auch der ÖVP-Wehrsprecher und Abgeordnete Bernd Schönegger: Gar nicht geeignet sei dieses Thema für Wahlkampfzwecke. Und der ÖVP-Finanzminister sieht das alles auch nur aus rein sachlichen Gesichtspunkten: Alles ist gut, was weniger kostet. Wenn nur die Luftraumüberwachung nicht in Frage gestellt wird. Dass diese mit den abgespeckten und im Betrieb so teuren Eurofightern schon länger grenzwertig daherkommt, lassen wir einmal dahingestellt. Es hat ja eine Sonderkommission deswegen gegeben. Dass die ÖVP nicht laut aufschreit, wo doch ein Prestigeprojekt ihres letzten großen Kanzlers verschrottet werden soll, ist mit einem Wort erklärt: Untersuchungsausschuss.
Aber Wahlkampf darf man das nicht nennen
Und verschrottet ist ein gutes Stichwort. Niemand wird Österreich die Eurofighter abkaufen, die ursprünglich samt Finanzierung knapp 2 Milliarden Euro kosten sollten (18 Stück) und dann von Doskozils Vorgänger Norbert Darabos unter Verzicht auf drei Flieger sowie wichtige Ausrüstung und Fähigkeiten der Jets offiziell um 300 Millionen Euro heruntergehandelt wurden. Der Rechnungshof hat das hier und hier zerpflückt und die tatsächlichen Kosten für die Eurofighter-Anschaffung bis 2015 mit 2,6 Milliarden Euro angegeben. Hans Peter Doskozil wirft jetzt auch Milliardenbeträge in die Schlacht, die man aber nicht Wahlkampf nennen kann und darf.
Die rechte Faust dreht ein Milliarden-Rad
Bis zu fünf Milliarden Euro würde der Weiterbetrieb der Eurofighter in den nächsten dreißig Jahren kosten. Das ist der eine Pflock, den Doskozil eingeschlagen hat. Und bis zu zwei Milliarden Euro könnte man in den nächsten 30 Jahren einsparen, wenn man der Empfehlung der Sonderkommission folge, so der SPÖ-Minister. Was er meistens nicht dazusagt: Es könnten auch nur 100 Millionen Euro Einsparung bis zum Jahr 2049 sein, ist schließlich eine lange Zeit. Und der Rechnungshof hat – siehe oben – schon in einem bedeutend kürzeren Zeitraum Milliardenabweichungen bei Beschaffungskosten erkannt und kritisiert. Aber Doskozil dreht ein großes Rad.
Am Ende machen wir noch einen Gewinn
Da ist auch schon einkalkuliert, dass man die Eurofighter vielleicht nicht so leicht los wird. Die errechnete Einsparung funktioniere auch ohne Verkaufserlös für die 15 Jets, die zwei Drittel ihrer Lebensdauer noch vor sich haben, sagt der Minister. Und er denkt an eine subsidiäre Verwertung, sprich: Abfangjäger, die vor kurzem noch als das modernste Fluggerät gegolten haben, sollen als Ersatzteillager für andere Eurofighter-Armeen herhalten. Die Düsentriebwerke zum Beispiel seien wertvoll und ließen sich gewiss gut verkaufen. Womöglich wird die Republik noch einen Gewinn gemacht haben, wenn wir dereinst einmal abrechnen.
Darabos endgültig im politischen Aus
In 30 Jahren wird freilich niemand mehr abrechnen. Hans Peter Doskozil wird dann vielleicht als Ex-Landeshauptmann vom Burgenland seinen Ruhestand genießen, Österreich wird seine scheinheilige Neutralitätspolitik dann möglicherweise überwunden haben und Teil eines funktionierenden europäischen Verteidigungsbündnisses mit einer partnerschaftlichen Überwachung seines eigenen Luftraums sein. Der Wahlkampf des Jahres 2017 wird dem Ruheständler als einer der härtesten überhaupt in Erinnerung sein – und als der Sommer, in dem sein Parteifreund Darabos wegen der verflixten Eurofighter endgültig im politischen Aus gelandet ist.
Im Nachhinein ist man immer klüger, hat er damals, im Sommer 2017, in einer ZIB2 zur Rolle seines Vorvorgängers und Rivalen Darabos gesagt und ihn damit fallengelassen. Auch daran wird sich Doskozil erinnern. Und dass er gesagt hat, der Eurofighter kann und darf kein Wahlkampfthema sein. Aber im Nachhinein ist man ja immer klüger.